Falsche Verdächtigung – Rechtsanwalt Kämpf erklärt Wissenswertes zum Straftatbestand, seine Voraussetzungen nach § 164 StGB, die Strafen u.a..

Sie haben einen anderen im Rahmen einer Vernehmung zu Unrecht belastet? Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Straftatbestandes der falschen Verdächtigung gemäß § 164 Strafgesetzbuch gegen Sie? Sie haben bereits eine Anklageschrift oder einen Strafbefehl erhalten? Dann sollten Sie keine weiteren Angaben zur Sache machen und schnellstmöglich einen kompetenten Strafverteidiger hinzuziehen.
Bei einer Verurteilung wegen falscher Verdächtigung (wie auch bei den übrigen Aussagedelikten Falschaussage § 153 StGB oder Meineid § 154 StGB) drohen Ihnen erhebliche Strafen. Die Justiz ist auf wahrheitsgetreue Angaben angewiesen. Staatsanwaltschaften und Gerichte reagieren in aller Regel äußerst empfindlich, wenn sie mit der Unwahrheit bedient werden. Geschütztes Rechtsgut der falschen Verdächtigung ist zum einen die Rechtspflege vor unnötigen Ermittlung- und Strafverfahren und zum anderen der einzelne Bürger vor ungerechtfertigten Strafverfolgungsmaßnahmen.

1. Wie gehe ich mit einer Ladung der Polizei zur Beschuldigtenvernehmung, einem Strafbefehl oder der Anklageschrift wegen falscher Verdächtigung um?

Eine Verpflichtung, bei der Polizei zur Beschuldigtenvernehmung zu erscheinen, besteht nicht! Als Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren haben Sie ein umfassendes Schweigerecht, Sie müssen also keine Angaben zur Sache machen. Dies darf auch nicht zu Ihren Lasten verwertet werden. Hiervon abweichende Belehrungen der Polizei sind schlicht falsch. Bleiben Sie der polizeilichen Beschuldigtenvernehmung fern. Nur so können Sie vermeiden, dass Sie der ermittelnde Polizeibeamte von einem anderen (sich selbst belastenden) Aussageverhalten „überzeugt“.
Stattdessen rate ich Ihnen, baldmöglichst einen im Strafrecht tätigen Rechtsanwalt hinzuzuziehen und über diesen Akteneinsicht in die Ermittlungsakte zu nehmen. Ohne Akteneinsicht können Sie lediglich mutmaßen, auf welchen Tatsachen das gegen Sie laufende Strafverfahren gründet.
Dies gilt auch, wenn Sie eine Anklageschrift oder einen Strafbefehl erhalten haben. Hier sollten Sie ebenfalls über einen Strafverteidiger Akteneinsicht nehmen. Ohne Kenntnis der Ermittlungsakte/Strafakte ist Ihre Strafverteidigung nicht möglich. Die Justiz hat dann einen Wissensvorsprung.

2. Wann liegt die falsche Verdächtigung nach § 164 Strafgesetzbuch vor?

Eine falsche Verdächtigung begeht derjenige, der einen Verdacht hervorruft oder verstärkt, indem er Tatsachen behauptet, die sich dazu eignen, einen tatsächlich Unschuldigen der Gefahr der Strafverfolgung auszusetzen. Darüber hinaus soll die Verdächtigung nach der Rechtsprechung unwahr sein. Es soll darauf ankommen, ob der Tatvorwurf zutrifft.
Die Verdächtigung muss gegenüber einer Behörde, einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger, einem militärischen Vorgesetzten oder öffentlich geäußert werden. Als Adressaten der falschen Verdächtigung kommen insbesondere Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte in Betracht. Bitte beachten Sie, dass tauglicher Empfänger einer falschen Verdächtigung auch ausländische Behörden sein kann.

Exkurs: Bitte beachten Sie, dass Sie sich durch eine falsche Verdächtigung auch einer mittelbaren Freiheitsberaubung nach § 239 StGB schuldig machen können. Dies ist der Fall, wenn gegen den falsch Verdächtigten aufgrund Ihrer falschen Angaben ein Haftbefehl ergeht und er in Untersuchungshaft genommen wird. Dauert die Untersuchungshaft und mithin die Freiheitsberaubung länger als eine Woche, ist aufgrund des erhöhten Strafrahmens des § 239 Abs. 3 Nr. 1 StGB mit Freiheitsstrafe ab einem bis zu zehn Jahren zu rechnen.

Eine Besonderheit weist § 164 Abs. 3 StGB auf. Danach soll derjenige, der eine falsche Verdächtigung zur Erlangung eines der Vorteile nach § 46b StGB oder § 31 BtMG begeht, nach dem erhöhten Strafrahmen des § 164 Abs. 3 StGB bestraft werden können. Die Kronzeugenregelung nach § 46b StGB sieht eine Strafmilderung oder gar ein Absehen von Strafe vor, wenn durch die Mitwirkung des Zeugen rechtswidrige Taten nach § 100a Abs. 2 StPO aufgeklärt oder verhindert werden. Nach § 31 Betäubungsmittelgesetz kann eine nach dem BtMG zu verhängende Strafe gemildert oder von dieser abgesehen werden, wenn Straftaten nach dem BtMG verhindert oder aufgedeckt werden.

Exkurs: Was sind Taten nach § 100a Abs. 2 StPO? In dem so genannten Anlasstatenkatalog des § 100a Abs. 2 StPO sind abschließend schwere Straftaten aufgezählt, bei deren Vorliegen die Überwachung der Telekommunikation angeordnet werden kann. Diese haben nach dem Willen des Gesetzgebers in der Regel eine Mindeststrafe von fünf Jahren. Dort finden sich beispielsweise Mord, Totschlag, besonders schwere Fälle des Betrugs, Computerbetrugs, des Subventionsbetrugs und des Bankrotts, besonders schwere Fälle der Steuerhinterziehung sowie besonders schwere Dopingstraftaten.

3. Mit welcher Strafe habe ich bei einer Verurteilung wegen falscher Verdächtigung zu rechnen?

Der Straftatbestand der falschen Verdächtigung sieht nach § 164 StGB einen Strafrahmen von Geldstrafe bis Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor. Die Qualifikationen nach § 164 Abs. 3 StGB erhöht den Strafrahmen auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

Eine Prognose der im konkreten Einzelfall zu erwartenden Strafe ist ohne Kenntnis des genauen Sachverhalts nicht möglich. Denn diese hängt von einer Vielzahl von Faktoren (beispielsweise ihrem Aussageverhalten, etwaigen Vorstrafen sowie dem Nachtatverhalten) ab. Eine vorläufige Einschätzung, ob und gegebenenfalls welche Strafe Sie im Rahmen eines Strafverfahrens wegen des Verdachts einer falschen Verdächtigung erwartet, ist erst nach Akteneinsicht möglich.

Strafverteidiger-Tipps: Um Ihre optimale Strafverteidigung zu ermöglichen, sollten Sie unbedingt von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen! Schweigen Sie zur Sache! Als Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren wegen falscher Verdächtigung oder Angeklagte in einem Strafverfahren müssen und sollen Sie ohne Kenntnis der Ermittlungsakte/Strafakte keine Angaben zur Sache machen. Beauftragen Sie einen kompetenten und engagierten Strafverteidiger und lassen sich in dieser für Sie belastenden Situation helfen.

Quellennachweis Lichtbild: Rainer Sturm und knipseline – www.pixelio.de