Anzeige wegen Nötigung gem. § 240 StGB erhalten? Rechtsanwalt Kämpf erklärt Voraussetzungen, Strafen und Verteidigungsmöglichkeiten.
Sie sind im Straßenverkehr, auf der Autobahn zu nah aufgefahren oder haben einen anderen Verkehrsteilnehmer am Überholen gehindert? Stellte Ihr Verhalten eine Nötigung im Straßenverkehr dar? Welche Strafe ist für die Nötigung im Straßenverkehr vorgesehen? Welches Strafmaß kann für eine Nötigung ausgesprochen werden? Wie verhalte ich mich bei einer Anzeige wegen Nötigung?
1. Mit welcher Strafe habe ich bei der Nötigung im Straßenverkehr zu rechnen, welches Strafmaß wird wegen Nötigung ausgesprochen?
Die Nötigung nach § 240 StGB sieht als Strafe Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren vor. Findet die Nötigung im Straßenverkehr statt, fallen darüber hinaus fünf Punkte im Verkehrszentralregister an. Die Nötigung im Straßenverkehr ist kein Regelfall für die Entziehung der Fahrerlaubnis. Es kann allerdings ein Fahrverbot (ein bis drei Monate) für die Nötigung im Straßenverkehr verhängt werden.
Welches Strafmaß haben Sie zu erwarten, falls Sie wegen Nötigung verurteilt werden? Die für eine Nötigung zu erwartende Strafe richtet sich nach dem konkreten Einzelfall. Hinsichtlich des Strafmaßes wegen Nötigung kommt es insbesondere auf die Intensität der Nötigung, Ihr Aussageverhalten (insbesondere Geständnis) sowie das Nachtatverhalten (beispielsweise Zahlung eines Schmerzensgeldes oder Entschuldigung beim Geschädigten der Nötigung) an. Die konkret zu erwartende Strafe lässt sich ebenso wie die Verteidigungsstrategie erst nach Akteneinsicht in die Ermittlungsakte einschätzen.
2. Die einzelnen Voraussetzungen der Nötigung im Straßenverkehr
a. Nötigung
Nötigen bedeutet, dass der Täter einen anderen mittels eines Nötigungsmittels zu einem bestimmten Verhalten (Handeln, Dulden, Unterlassen) zwingt.
b. Nötigungsmittel
Nötigungsmittel ist hierbei die Anwendung von Gewalt oder die Drohung mit einem empfindlichen Übel.
Die Feststellung, ob nötigende Gewalt im Straßenverkehr gegeben ist, richtet sich je nach dem Einzelfall. Eine pauschale Bewertung verbietet sich.
Beispiele für den Einsatz von nötigender Gewalt im Straßenverkehr sind die nachfolgend aufgezählten Konstellationen, die bereits wiederholt Gegenstand der obergerichtlichen Rechtsprechung waren:
• Verhindern des Überholens auf der Autobahn durch stetiges Fahren auf der linken Fahrbahn
• abruptes Abbremsen des eigenen Fahrzeugs ohne Grund und hierdurch Aufzwingen der niedrigeren Geschwindigkeit
• der Täter schert auf der Autobahn wiederholt aus oder blockiert die Überholspur auf der Autobahn, um den Überholvorgang eines anderen zu behindern
• Drängeln bzw. nahes/gefährdendes Auffahren, um das vorausfahrende Fahrzeug zum Spurwechsel zu zwingen
Exkurs: Bitte beachten Sie, dass das einmalige, kurze Auffahren noch nicht den Straftatbestand der Nötigung im Straßenverkehr erfüllt. Hierfür ist eine gewisse Dauer bzw. Fahrtstrecke notwendig. Der Einsatz des Blinkers, der Hupe und/oder der Lichthupe im Zusammenhang mit dem gefährdenden Auffahren zur Erzwingung des Überholvorgangs sprechen für die Annahme einer Nötigung im Straßenverkehr.
c. Nötigungshandlung rechtswidrig und verwerflich
Weiterhin muss die Nötigungshandlung rechtswidrig und insbesondere verwerflich sein. Die Rechtswidrigkeit der Nötigung ist gegeben, wenn kein Rechtfertigungsgrund vorliegt (z. B. Notwehr).
Die Nötigungshandlung ist erst dann verwerflich und folglich strafbar, wenn sie im Verhältnis zum angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist. Es muss ein erhöhter Grad sittlicher Missbilligung gegeben sein.
Die Rechtsprechung hat bei den nachfolgend aufgezählten Konstellationen die Verwerflichkeit angenommen:
• beharrliches Linksfahren auf der ansonsten freien Autobahn
• absichtliches Langsamfahren (auch hierfür ist eine gewisse Fahrtdauer
bzw. –strecke erforderlich)
• Schneiden eines anderen beim Einscheren nach dem Wechsel des Fahrstreifens
• abruptes Abbremsen ohne Grund hierzu, um das nachfolgende Fahrzeug ebenfalls zum Abbremsen zu zwingen
Strafverteidiger-Tipp: Bitte beachten Sie, dass Sie in einem Ermittlungsverfahren aufgrund einer Anzeige wegen Nötigung ein umfassendes Schweigerecht haben. Machen Sie keine Angaben zur Identität/Person des Fahrers! Die Identifikation des Fahrers aufgrund der Beschreibungen von Zeugen fällt regelmäßig schwer fällt oder ist gar unmöglich. Ich empfehle Ihnen, vor einer etwaigen Stellungnahme zur Sache einen Strafverteidiger aufzusuchen und über diesen zunächst Akteneinsicht in die Ermittlungsakte zu nehmen. Ggf. kann im Anschluss hieran schriftlich zur Sache Stellung genommen werden.
Gegen Sie wird wegen Nötigung im Straßenverkehr ermittelt? Dann rufen Sie mich an: 089/228433-55!
Quellennachweis Lichtbild: Dieter Schütz – www.pixelio.de