Rechtsanwalt Kämpf informiert Sie über Neuerungen in der Rechtsprechung im Bußgeldverfahren wegen des Fahrens unter Einfluss von THC nach § 24a StVG.

Sie werden verdächtigt, nach dem Konsum von Cannabis oder eines anderen Betäubungsmittels im öffentlichen Verkehr ein Fahrzeug geführt zu haben? Sie sind Betroffener in einem Bußgeldverfahren wegen § 24a StVG? Im nachfolgenden Beitrag finden Sie Informationen zu diesem Thema.

Die (rechtmäßig) entnommene Blutprobe darf sowohl auf THC als auch auf die passiven Abbauprodukte THC-Carbonsäure und 11-Hydroxy-THC untersucht werden.

Mit Beschluss vom 19. Januar 2015 hob das OLG Karlsruhe (Aktenzeichen 2 (5) SsBs 720/14 – AK 177/14) ein erstinstanzliches Urteil eines Amtsgerichts auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen auf.
Zunächst setzte sich das OLG mit der Frage auseinander, auf welche Inhaltsstoffe eine Blutprobe toxikologisch untersucht werden darf. Ziel der Maßnahme – also der toxikologischen Untersuchung der Blutprobe – muss die Feststellung verfahrenserheblicher Tatsachen sein.

Für das Verfahren erheblich sind Tatsachen, die zumindest mittelbar zum Beweis der Straftat/Ordnungswidrigkeit, der Täterschaft, der Schuld oder für die Bestimmung der Rechtsfolgen notwendig sind. Beim Verdacht einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 24a StVG wegen einer Fahrt unter Einfluss des berauschenden Mittels THC ist nicht nur der aktiv wirkende Wirkstoff THC verfahrenserheblich, sondern auch die Abbauprodukte. Hierbei handelt es sich bei THC um den Langzeitabbauwert THC- COOH sowie den Metabolit 11-Hydroxy-THC.

Exkurs: 11-Hydroxy-THC ist ein schnelllebiges Abbauprodukt von THC. Dieses bildet sich ca. 10 Minuten nach dem Konsum und ist bereits nach 5-6 Stunden nicht mehr nachzuweisen. Die THC-Carbonsäure bildet sich durch die Metabolisierung des THC. Es handelt sich um eine fettlösliche Substanz. THC-COOH wird deshalb in den Fettzellen des Körpers gespeichert. Bei erstmaligen und einmaligen Konsum von Cannabis ist die THC-Carbonsäure bis zu 14 Tage lang nachweisbar.

Nach der Entscheidung des OLG war die Untersuchung der Blutprobe auf die Abbauprodukte 11-Hydroxy-THC sowie THC-COOH rechtmäßig. Die Höhe der festgestellten Werte lassen sowohl Rückschlüsse auf das Konsumverhalten des Betroffenen, den Umfang des Konsums von Cannabis sowie den Konsumzeitpunkt zu.

Gleichwohl hatte die Rechtsbeschwerde des Betroffenen Erfolg. Das OLG hob das erstinstanzliche Urteil auf. Der dort entscheidende Amtsrichter ließ in seiner Entscheidung nicht erkennen, wie der Sachverständige zu dem Ergebnis kam, dass der Cannabiskonsum lediglich wenige Stunden vor der Fahrt stattfand. Hierzu führte das Amtsgericht lediglich aus, „der Sachverständige habe festgestellt, dass ein THC-Gehalt von 4,5 Nanogramm/Milliliter bei einem relativ geringen Gehalt von THC-Carbonsäure in Höhe von 8,4 Nanogramm/Milliliter nur erklärbar sei, wenn der Konsum nur wenige Stunden vor Entnahme der Blutprobe stattgefunden habe“. Eine hier notwendige nähere Auseinandersetzung mit den wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Darlegungen zur fachlichen Begründung für die Schlussfolgerungen fehlte.

Bei vorausgegangenem Konsum von Cannabis vor Fahrtantritt handelt der Fahrer (stets?) fahrlässig im Sinne des § 24a StVG.

Nach einem Beschluss des OLG Celle vom 30. April 2015 (Aktenzeichen: 321 SsBs 42/15) ist die (noch) umstrittene Frage der Anforderungen an die Fahrlässigkeit bei Drogenfahrten im dortigen OLG-Bezirk geklärt.

Danach handelt ein Betroffener, der nach dem Konsum von Cannabis ein Fahrzeug (auch Fahrrad) im öffentlichen Verkehr führt, fahrlässig. Es liegt in seinem Verantwortungsbereich, zu gewährleisten, dass der Wirkstoff THC bei Fahrtantritt unter dem analytischen Grenzwert von 1,0 Nanogramm/Milliliter THC liegt oder eben auch nicht. Eine besondere Prüfungspflicht für den Amtsrichter bezüglich der subjektiven Tatseite besteht nicht, wenn der analytische Grenzwert erreicht ist. Etwas anderes soll lediglich dann gelten, wenn der Betroffene sich trotz des Erreichens des analytischen Grenzwerts ausreichend mit seinen Sorgfalt-und Erkundigungspflichten auseinandergesetzt hat.
Ebenso sehen es zwischenzeitlich auch andere Obergerichte, wie beispielsweise das KG Berlin, Beschluss vom 14. Oktober 2014 (Aktenzeichen: 3 Ws (B) 375/14-162 Ss 93/14).

Anwalt -Tipp: Schweigen ist Gold! Sowohl im Strafverfahren als auch im Bußgeldverfahren wegen des Verdachts einer Fahrt unter Einfluss von Betäubungsmitteln haben sie ein umfassendes Schweigerecht. Sie sind lediglich dazu verpflichtet, Ihre Personalien anzugeben. Ich empfehle Ihnen ausdrücklich, hiervon Gebrauch zu machen. Bitte machen Sie auch keine Angaben zu Ihrem Betäubungsmittel-Konsum bzw. zum Zeitpunkt des Konsums. Ich rate Ihnen im Übrigen, weder an einem Urintest oder Schweißtest mitzuwirken (eine Verpflichtung hierzu besteht ebenfalls nicht!), noch bei etwaigen Koordinationstests (beispielsweise Finger-Finger, Finger-Nase, Einbeinstand etc.) mitzumachen.
Gerne unterstütze ich Sie im Rahmen Ihrer Verteidigung wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG.

Quellennachweis: A. Dreher – pixelio.de