Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte
Der Kontakt mit einem Polizisten verlief unerfreulich. Wenn Sie mit einem Polizeibeamten aneinandergeraten sind, kann die Folge eine Anzeige wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte sein. In diesem Zusammenhang stellen sich verschiedene Fragen: Wann liegt ein tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte vor? Sollen Sie der Ladung zur Beschuldigtenvernehmung wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte Folge leisten? Welche Strafen erwarten Sie bei einer Verurteilung wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte? Gibt es Besonderheiten im Jugendstrafrecht?
Wann liegt ein tätlicher Angriff gegen Vollstreckungsbeamte vor?
Sie hatten eine Ladung zur Beschuldigtenvernehmung wegen tätlichen Angriffs auf gegen Vollstreckungsbeamte gem. § 114 StGB im Briefkasten? Möglicher Weise ist dies die Folge einer körperlichen Auseinandersetzung mit der Polizei. Vollstreckungsbeamte im Sinne der Vorschrift sind allgemein Amtsträger (siehe § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB) – also beispielsweise Beamte und Richter – vor allem aber Polizisten und Gerichtsvollzieher. Außerdem sind Soldaten Vollstreckungsbeamte im Sinne der Vorschrift.
Ein tätlicher Angriff ist laut Rechtsprechung jede unmittelbar gegen den Körper des Vollstreckungsbeamten gerichtete, feindselige Verhaltensweise während dessen Diensthandlung. Dabei kann bereits das Ausholen zum Schlag oder ein verfehlter Flaschenwurf ausreichend sein. Auf ein tatsächliches Eintreten eines Körperverletzungserfolgs kommt es nicht an!
Ähnlich wie beim Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte kommt der tätliche Angriff hin und wieder als Retourkutschen-Delikt vor. Nach einem Fehlverhalten eines Polizeibeamten und beispielsweise Ihrer Anzeige wegen Körperverletzung im Amt erfolgt die entsprechende Gegenanzeige des Polizisten.
Was setzt ein tätlicher Angriff gegen Vollstreckungsbeamte voraus?
Zunächst muss eine Diensthandlung des Polizeibeamten vorliegen. Im Unterschied zum Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ist also jede (!) Diensthandlung und nicht lediglich eine Vollstreckungshandlung umfasst. Die Diensthandlung ist dabei deutlich weiter gefasst und liegt bei jeder polizeilichen Tätigkeit vor. Die Tätigkeit des Polizisten muss nicht auf die Durchsetzung staatlichen Willens gegenüber bestimmten Personen gerichtet sein.
Diensthandlungen in diesem Sinne können z.B. sein:
- Streifenfahrten,
- Geschwindigkeitsmessungen,
- Aufnahmen von Verkehrsunfällen,
- Begleitung von Demonstrationszügen,
- Verkehrskontrollen,
- Hilfeleistungen in Gefahrensituationen u.a..
Im Hinblick auf den erhöhten Strafrahmen des § 114 StGB (Mindeststrafe ist drei Monate Freiheitsstrafe) ist eine einschränkende Auslegung der auf gegen den Körper gerichteten feindseligen Einwirkung vonnöten. Diese muss m.E. von einigem Gewicht sein. Die entsprechende Erheblichkeitsschwelle dürfte folglich bei einem leichten Anrempeln eines Polizisten ebenso wenig wie bei einer lediglich erhobenen Hand überschritten sein. Letzteres ist auch ohne weitere Erkenntnisse (insbesondere eigener Angaben als Beschuldigter – „Schweigen ist Gold!) nicht von einer Drohung – dann wäre allerdings „bloß“ § 113 StGB der Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte erfüllt – zu unterscheiden.
Was unternimmt Ihr Anwalt beim Vorwurf tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte bzw. der Ladung zur Beschuldigtenvernehmung?
Im Rahmen einer ersten Beratung erfassen wir den von Ihnen geschilderten Sachverhalt. Nachfolgend erfolgt eine vorläufige Einschätzung der in Betracht kommenden Straftatbestände. Anschließend erkläre ich Ihnen als Mandant, ob und ggf. welche Strafe Sie am Ende des Verfahrens grundsätzlich erwarten können und wie die weitere Vorgehensweise und insbesondere die Verteidigungsstrategie ist.
Bitte beachten Sie, dass für konkrete Prognosen regelmäßig Akteneinsicht in die Ermittlungsakte erforderlich ist. Im Übrigen ist die Kenntnis der Ermittlungsakte für Ihre Verteidigung zwingend nötig, denn nur so können Sie einen Informationsgleichstand zu Polizei und Staatsanwaltschaft herstellen.
Nach meiner Mandatierung beantrage ich deshalb Akteneinsicht. Nach Eingang der Ermittlungsakte in meiner Kanzlei arbeite mich in diese ein. Anschließend besprechen wir den Akteninhalt und die weitere Verteidigungsstrategie. Sie hängt von den Einzelheiten Ihres konkreten Falles ab.
Wann ist der richtige Zeitpunkt, um einen Anwalt bei einem Tatvorwurf nach § 114 StGB einzuschalten?
Je früher desto besser! Je früher Sie einen Strafverteidiger mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen beauftragen, desto früher kann dieser steuernd eingreifen. Im Übrigen ist es für viele Bürger sehr belastend, wenn sie von dem gegen sie geführten Ermittlungsverfahren erfahren. Es macht daher regelmäßig Sinn, sich schnellstmöglich professionelle Unterstützung zu holen. Spätestens dann, wenn Sie eine Ladung zur Beschuldigtenvernehmung erhalten haben, sollten Sie sich an einen im Strafrecht tätigen Rechtsanwalt wenden.
Wie verhalten Sie sich im Falle eines Strafbefehls oder einer Anklageschrift wegen tätlichen Angriffs auf gegen Vollstreckungsbeamte richtig?
Nach Eingang von Strafbefehl oder Anklageschrift sollten Sie sich angesichts der weitreichenden Folgen im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung (Mindeststrafe für den tätlichen Angriff ist eine dreimonatige Freiheitsstrafe, Schmerzensgeld, Schadensersatzansprüche u.a.) anwaltlich beraten lassen. Bitte beachten Sie die 14-tägige Einspruchsfrist im Strafbefehlsverfahren.
Welche Faktoren haben Einfluss auf das Strafmaß?
Zahlreiche Faktoren beeinflussen das Strafmaß bei einer Verurteilung wegen des Straftatbestands „tätlicher Angriff auf gegen Vollstreckungsbeamte”.
Beispiele für solche Faktoren sind:
– Haben Sie (einschlägige) Vorstrafen? Sind Sie also Ersttäter oder Wiederholungstäter?
– Wie massiv war der tätliche Angriff?
– Haben sich die Polizeibeamten verletzt?
– Haben Sie ein Geständnis abgegeben, ggf. zu welchem Zeitpunkt?
– Haben Sie sich bei dem Beamten oder der Beamtin entschuldigt?
– Gibt es Bemühungen, den Schaden im Rahmen eines sogenannten Täter-Opfer-Ausgleichs wiedergutzumachen?
Welche Strafen erwarten sie bei Verurteilung wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte?
Der Strafrahmen für tätlichen Angriff auf gegen ist Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Bitte beachten Sie, dass lediglich Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden können. Bei einem tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte im unter Bereich, also unter vorrangig positiven Rahmenbedingungen (zum Beispiel Ersttäter, keine Verletzungen beim Beamten, Geständnis, Entschuldigung etc.), ist gleichwohl eine Geldstrafe gem. § 47 Abs. 2 StGB möglich. Trotzdem besteht die erhebliche Gefahr der Verhängung einer Bewährungsstrafe. Das Erreichen einer Geldstrafe bis zur „magischen“ Grenze von 90 Tagessätzen – bis zum 90. Tagessatz erfolgt keine Eintragung im Führungszeugnis – ist theoretisch möglich, dürfte aber lediglich in besonderen Ausnahmefällen gelingen.
Welche Besonderheiten gelten für die Strafverteidigung im Jugendstrafrecht für Jugendliche und Heranwachsende beim Vorwurf tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte?
Im Strafverfahren gegen Jugendliche (ab 14 bis 17 Jahren) oder Heranwachsende (zwischen 18 und 21 Jahren), hier werden Reifeverzögerungen des Heranwachsenden vorausgesetzt, kommt Jugendstrafrecht nach dem JGG (Jugendgerichtsgesetz) zur Anwendung. Im Jugendstrafrecht steht der Erziehungsgedanke im Vordergrund. Ziel des Jugendstrafrechts ist es etwaige Erziehungsdefizite auszugleichen. Der jugendliche oder heranwachsende Angeklagte soll idealer Weise künftig keine Straftaten, insbesondere keine gegen Polizeibeamte gerichtete Straftaten wie den tätlichen Angriff gegen Vollstreckungsbeamte, begehen. Der Jugendrichter kann Sozialstunden, Leseweisungen, aber auch freiheitsentziehender Ahndungen (alternativ Freizeitarrest oder auch Dauerarrest) verhängen. Ein Freizeitarrest ist der Aufenthalt im Jugendgefängnis über das Wochenende. Ein Dauerarrest kann bis zu vier Wochen Jugendknast bedeuten.
Welche Strafen gibt es in besonders schweren Fällen?
Es gibt auch einen besonders schweren Fall des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte. In diesen Fällen beträgt das Strafmaß sechs Monate bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe.
Beispiele für einen besonders schwere Fälle sind:
– Sie selbst oder ein anderer Tatbeteiligter führen eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug mit sich. Dabei reicht es aus, wenn die Waffe in Reichweite ist. Sie müssen Sie nicht benutzt haben.
– Der Vollstreckungsbeamte oder Polizeibeamte kommt durch den tätlichen Angriff in Todesgefahr, oder es droht die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung.
– Der tätliche Angriff wird mit mehreren Beteiligten gemeinschaftlich begangen.
Gibt es noch besonders wichtige Tipps zum Schluss?
Strafverteidiger-Tipp 1: Je früher Sie einen Anwalt hinzuziehen und je früher dieser die Möglichkeit hat, lenkend einzugreifen, desto besser sind in der Regel die Ergebnisse, die in Ihrem Ermittlungsverfahren bzw. in Ihrem Strafverfahren erreicht werden können.
Strafverteidiger-Tipp 2: Machen Sie unbedingt von Ihrem Schweigerecht Gebrauch! Es ist eines Ihrer wichtigsten Beschuldigtenrechte. Sie müssen sich nicht selbst belasten. Sie sollen keine Aussage zur Sache machen. Folgen Sie daher auch nicht der Ladung zur Beschuldigtenvernehmung, sondern kontaktieren Sie vorher einen auf das Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalt.
Sprechen Sie bitte nicht mit der Polizei, reden Sie mit mir!
So geht´s weiter:
- Sie kontaktieren mich unter 089/228433-55.
- Sie erhalten einen Termin binnen 48 Stunden.
- Wir besprechen Ihren Fall inklusive Chancenbewertung.
- Nach Beauftragung durch Sie nehme ich Akteneinsicht.
- Sobald die Akte vorliegt, planen wir gemeinsam unsere Strategie.