Das Bundesverwaltungsgericht hat der rechtswidrigen Praxis der Fahrerlaubnisbehörden, die Medizinisch-Psychologische-Untersuchung (MPU) bei Trunkenheit im Straßenverkehr mit weniger als 1,6 Promille anzuordnen, eine Absage erteilt.

Sie wurden wegen einer Trunkenheitsfahrt zwischen 1,1 und 1,6 Promille zu einer Geldstrafe verurteilt oder haben einen entsprechenden Strafbefehl erhalten? Ihnen wurde die Fahrerlaubnis (§ 69 StGB) entzogen und eine Sperre zu Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ausgesprochen? Die überraschende Anordnung der MPU (bayerisch: Depperltest) durch die Fahrerlaubnisbehörde auf Ihren Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ist mit großer Wahrscheinlichkeit rechtswidrig!

Voraussetzung für die Anordnung einer MPU

Gemäß Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. April 2017 (BVerwG 3 C 24.15 und 3 C 13.17) ist die Anordnung der MPU wegen einer Trunkenheitsfahrt bei einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von unter 1,6 Promille ohne das Hinzutreten besonderer Umstände rechtswidrig.

Die Fahrerlaubnisbehörde kann bei einer Trunkenheitsfahrt unter 1,6 Promille lediglich dann die Vorlage eines MPU-Gutachtens verlangen, wenn zusätzlich weitere besondere Tatsachen gegeben sind, die einen zukünftigen Alkoholmissbrauch erwarten lassen. Das bloße Vorliegen einer strafrechtlichen Verurteilung wegen der Trunkenheit im Straßenverkehr ist hierfür nicht ausreichend.

Exkurs – Alkohol am Steuer: Im Zusammenhang mit dem Führen von Fahrzeugen unter Alkoholeinfluss sind verschiedene Grenzwerte zu beachten. Bei einer BAK von 0,5 bis 1,1 Promille ist zumindest die Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24a StVG erfüllt. Eine Trunkenheitsfahrt nach § 316 StGB liegt ab 0,3 Promille bis 1,1 Promille vor, sogenannte relative Fahruntüchtigkeit, wenn ein Fahrfehler gegeben ist. Solche Fahrfehler können beispielsweise Schlangenlinien, Geschwindigkeitsverstöße, Rotlichtverstöße und die Verursachung oder Beteiligung an Unfällen sein. Ab 1,1 Promille ist zwingend eine Trunkenheitsfahrt gegeben, es liegt dann eine absolute Fahruntüchtigkeit vor. Achtung, auch ein Fahrrad stellt ein Fahrzeug im Sinne des § 316 StGB dar, soweit der betroffene Fahrradfahrer eine Blutalkoholkonzentration ab 1,6 Promille hat. Hier finden Sie weitere Informationen im Zusammenhang mit Alkohol im Straßenverkehr – Trunkenheit im Straßenverkehr, Gefährdung des Straßenverkehrs und § 24a StVG – und insbesondere zu den unterschiedlichen Folgen (Ordnungswidrigkeit: Bußgeld, Fahrverbot, Punkte; strafrechtliche Verurteilung: Geldstrafe, Entziehung der Fahrerlaubnis, Punkte).

Fehlerhafte Praxis der Fahrerlaubnisbehörden bei Anordnung der MPU unter 1,6 Promille

Insbesondere im Süden der Republik, Baden-Württemberg und Bayern, schlich sich die Praxis ein, bereits ab einer Alkoholisierung von über 1,1 Promille vor Wiedererteilung der Fahrerlaubnis die erfolgreiche Absolvierung einer MPU zu verlangen. Die Fahrerlaubnisbehörden handelten entgegen dem insofern eindeutigen Wortlaut des § 13 S. 1 Nr.2c FeV (Fahrerlaubnisverordnung). Dieser setzt für die Anordnung der MPU eine Trunkenheitsfahrt mit einer dort alternativ festgestellten Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr bzw. 0,8 mg/Liter Atemalkoholkonzentration voraus.

Anwalts-Praxistipp: Im Hinblick auf die nun erforderliche Feststellung besonderer Umstände, insbesondere Hinweise auf künftigen Alkoholmissbrauch, empfehle ich Ihnen gegenüber der Polizei bei einer Alkoholkontrolle, keine Angaben zur Sache zu machen. Dies ist Ihr gutes Recht, nach § 55 StPO haben Sie ein umfassendes Schweigerecht. Sie sollten vor allen Dingen keine Angaben zu Ihrem Alkoholkonsum (vor und nach der Fahrt) tätigen.

Quellennachweis: A. Dreher – pixelio.de