Sie haben einen Bußgeldbescheid oder einen Anhörungsbogen wegen der Nutzung eines Mobiltelefons oder anderen elektronischen Geräts beim Autofahren erhalten?

Hier finden Sie Infos für Ihre Verteidigung im Bußgeldverfahren wegen der unerlaubten Handynutzung. Mit welchen Konsequenzen haben Sie zu rechnen, kann auch ein Fahrverbot verhängt werden? Welche Rechte haben Sie gegenüber der Polizei? Müssen Sie den Handyverstoß sofort vor Ort einräumen? Um die letzte Frage sofort zu  beantworten: Nein, Sie müssen/sollen nicht mit dem kontrollierenden Polizisten sprechen. Üben Sie Ihr Schweigerecht aus!

Welche Strafe droht beim Telefonieren am Steuer?

Als nicht vorbelasteter Ersttäter haben Sie mit einem Bußgeld in Höhe von 100 € sowie einem Punkt im Fahreignungsregister in Flensburg zu rechnen. Beim Vorliegen einer Gefährdung droht ein einmonatiges Fahrverbot (!) sowie ein Bußgeld in Höhe von 150 € sowie zwei Punkte. Liegt eine Sachbeschädigung vor, ergehen im Bußgeldbescheid ein einmonatiges Fahrverbot, zwei Punkte in Flensburg sowie 200 € Bußgeld.
Die Handynutzung während des Fahrradfahrens zieht ein Bußgeld in Höhe von 55 € nach sich.

Bitte beachten Sie, dass Sie insgesamt maximal acht Punkte im Fahreignungsregister haben dürfen. Außerdem weise ich darauf hin, dass die Punkte erst nach zweieinhalb Jahren bzw. fünf Jahren (wenn ein Fahrverbot verhängt wurde) aus dem Fahreignungsregister geklickt werden.

Wann ist die Benutzung des Mobiltelefons im Straßenverkehr verboten?

Nach § 23 Abs. 1a StVO ist die Nutzung eines Mobiltelefons durch den Fahrzeugführer dann verboten, wenn das Mobiltelefon selbst oder der Hörer durch den Autofahrer aufgenommen wurde oder er diese halten muss. Voraussetzung für einen Handyverstoß ist demnach die gleichzeitige Nutzung der Funktionen des aufgenommenen oder gehaltenen Handys. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass bei Nutzung einer Freisprechanlage keine unerlaubte Nutzung des Mobiltelefons vorliegt. Wenn Sie also mittels Freisprechanlage telefonieren, ist das Halten des Mobiltelefons gestattet, solange der Fahrzeugführer keine weiteren Funktionen des gehaltenen Telefons benutzt.
Nach einem aktuellen Beschluss des OLG Celle vom 7. Februar 2019 (Aktenzeichen: 3 Ss (OWi) 8/19) reicht das bloße Festhalten des Mobiltelefons nicht für die Verwirklichung des Bußgeldtatbestandes. Denn in diesem Falle mangelt es an der Verwendung einer der Funktionen des Gerätes. Das OLG begründet seine Entscheidung insbesondere damit, dass beim ausschließlichen Aufnehmen bzw. Festhalten eines Handys die nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift sanktionierte besondere Gefährlichkeit durch die gleichzeitige Benutzung einer der Funktionalitäten des Geräts nicht gegeben ist.

In diesem Zusammenhang weise ich nochmals darauf hin, dass Sie auch im Bußgeldverfahren ein umfassendes Schweigerecht haben! Lassen Sie sich von den kontrollierenden Polizisten nicht in die Enge treiben. Sie müssen einen etwaigen Handyverstoß nicht vor Ort einräumen. Durch ein frühes Geständnis verschaffen Sie sich keinerlei Vorteile, beschneiden sich aber Ihrer Verteidigungschancen.

Bitte beachten Sie, dass sowohl die Sprachsteuerung als auch die Vorlesefunktion des Mobiltelefons oder ähnlicher Geräte genutzt werden darf. Die Bedienung und Nutzung des Geräts ist außerdem gestattet, wenn für diese nur eine kurze Abwendung des Blicks vom Straßenverkehr (der Verkehrssituation sowie den Sicht-und Wetterverhältnissen angepasst) erfolgt bzw. erforderlich ist.

Wer ist Fahrzeugführer im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO?

Mit Fahrzeugführer sind sowohl die Fahrer von Kraftfahrzeugen als auch Radfahrer gemeint. Bitte beachten Sie, dass das Fahrzeug auch während des Anhaltens im Stop-Go-Verkehr, während eines Staus oder an einer roten Ampel geführt wird! Etwas anderes gilt, wenn der Motor ausgeschalten ist. Die automatische Abschaltung mittels Start-Stopp-Automatik soll hierfür jedenfalls nach einem Teil der Rechtsprechung nicht ausreichend sein! Allerdings dürfte es für die Polizei bzw. die Bußgeldstelle – ohne ein Geständnis/eine entsprechende Aussage von Ihnen – nicht unterscheidbar und mithin nicht nachweisbar sein, ob der Motor automatisch oder manuell abgeschaltet wurde. Deshalb nochmal der Hinweis: Schweigen ist Gold – sprechen Sie nicht mit der Polizei!

Welche Geräte sind umfasst? Beschränkt sich das Verbot auf Mobiltelefone?

Aufgrund der Neufassung der bereits zitierten Vorschrift sind nunmehr nicht bloß reine Mobiltelefone, welche der Kommunikation zwischen zumindest zwei Parteien in Echtzeit dienen, sondern eine Vielzahl von elektronischen Geräten umfasst. Es handelt sich insbesondere um Navigationsgeräte, Geräte der Unterhaltungselektronik mit Berührungsbildschirmen, Fernseher, Videoabspielgeräte oder Audiorecorder (Diktiergeräte). Auch die Benutzung dieser Geräte ist eine Verkehrsordnungswidrigkeit. Bitte beachten Sie, dass Rasierer nicht von der Vorschrift umfasst sind.

Wie verhalte ich mich, wenn ich einen Anhörungsbogen oder einen Bußgeldbescheid wegen der Mobiltelefonnutzung erhalten habe?

Hier empfehle ich Ihnen, zunächst über Ihren Rechtsanwalt Akteneinsicht in die Bußgeldakte zu nehmen. Im Falle eines bereits zusgestellten Bußgeldbescheids sollten Sie fristwahrend (!) Einspruch einlegen. Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen. Gerne unterstütze ich Sie hierbei anwaltlich. Anhand der Bußgeldakte ist zunächst zu prüfen, welchen Sachverhalt die an der Verkehrskontrolle beteiligten Polizeibeamten aufgenommen haben. Denn erst wenn Sie über die gleichen Informationen wie die Bußgeldstelle haben, können Sie Ihre weitere Verteidigungsstrategie festlegen. Diesbezüglich weise ich darauf hin, dass es sich bei Verstößen gegen die Handynutzung um häufig vorkommende Ordnungswidrigkeiten handelt. In der Regel wird der Polizeibeamte keine konkrete Erinnerung an den Vorgang selbst haben, sondern lediglich die im polizeilichen Sachverhalt bzw. im Ermittlungsbericht festgestellten Tatsachen „erinnern“.

Tipp vom Strafverteidiger: Auch im Bereich des Bußgeldverfahrens bei vermeintlich klarer Beweislage empfehle ich Ihnen gegenüber den kontrollierenden Polizeibeamten keine Angaben zur Sache zu machen. Hierzu sind Sie auch nicht verpflichtet. Insbesondere sollten Sie einen Ihnen vorgeworfenen Handyverstoß keinesfalls vor Ort einräumen. Lassen Sie sich anwaltlich beraten. Nach Akteneinsicht durch Ihren Rechtsanwalt können Sie im Bußgeldverfahren gegebenenfalls gegen die drohende Verurteilung wegen der Ordnungswidrigkeit vorgehen.

Quellennachweis: Rainer Sturm, Tim Reckmann, knipseline – pixelio.de