Sie haben eine Ladung zur Beschuldigtenvernehmung wegen eines Diebstahls mit Waffen erhalten oder sind wegen eines solchen angeklagt. Nachfolgend finden Sie Informationen zum Straftatbestand und insbesondere zur Frage der Einordnung von Alltagsgegenständen als anderes gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 Abs. 1 StGB.

Gerade bei spontanen, ungeplanten Diebstählen führen Beschuldigte häufig Sachen mit sich, die später als andere gefährliche Werkzeuge angeordnet werden. Solche problematischen Sachen können beispielsweise Nagelschere, Schraubenzieher, Taschenmesser o. ä. sein. Dies kann zu einer erheblichen Verschärfung der zu erwartenden Strafe führen. Bei Ladendiebstählen werden zum Beispiel häufig Seitenschneider benutzt, um Sicherheitsetiketten an Kleidungsstücken etc. zu entfernen. In diesem Zusammenhang stellt sich dann die Frage, ob der Seitenschneider eine Waffebzw. ein anderes gefährliches Werkzeug gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist.

1. Wie gehen Sie mit einer Anklageschrift oder einen Strafbefehl wegen des Diebstahls mit Waffen um? Wie verhalten Sie sich richtig bei einer Hausdurchsuchung?

Wenn Sie eine Anklageschrift oder einen Strafbefehl erhalten haben, sollten Sie sich (zumindest) anwaltlich beraten lassen. Die die Ankläger bei den Staatsanwaltschaften gehen häufig nach dem meist Belastungsprinzip vor. Es besteht ein hohes Risiko zumindest zu einer Bewährungsstrafe verurteilt zu werden ist hoch. Insbesondere bei einer Anklage im Zusammenhang mit einem anderen gefährlichen Werkzeug ist häufig eine fundierte Argumentation möglich und nötig, um eine Verurteilung abzuwenden. Gleiches gilt auch im Hinblick auf eine kritische Würdigung des Tatbestandsmerkmals „beisichführen“.

Bei einer Hausdurchsuchung sollten Sie zunächst Ruhe bewahren und der Durchsuchung widersprechen. Lassen Sie sich den Durchsuchungsbeschluss aushändigen und kontaktieren Sie schnellstmöglich einen Strafverteidiger.

2. Was sind die Voraussetzungen des Diebstahls mit Waffen – was ist eine Waffe bzw. ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 Abs. 1 StGB?

Nach § 244 Abs. 1 Strafgesetzbuch Diebstahl mit Waffen begeht derjenige, welcher bei der Ausführung des Diebstahls eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug mit sich führt oder ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden.

a) Waffe

Waffe in diesem Zusammenhang ist eine Waffe im technischen Sinne, also ein Gegenstand, der zur Herbeiführung erhebliche Verletzungen bestimmt ist. Hierzu zählen insbesondere Schusswaffen, Hiebwaffen, Stoßwaffen sowie Stichwaffen. Auch Gaswaffen wie beispielsweise Schreckschusspistolen zählen dazu. Problematisch ist hier die Einordnung von Pfefferspray. Solche Reizgas-Spraydosen sollen lediglich dann Waffe sein, wenn sie zum Einsatz gegen Menschen bestimmt sind. Tierabwehrsprays sind keine Waffen im Sinne der Vorschrift. Allerdings kommt eine Einordnung als Tierabwehr Betracht.

b) Gefährliches Werkzeug

Was ein anderes gefährliches Werkzeug ist, wird von der Rechtsprechung unterschiedlich bewertet. Nach einer Auffassung soll es ein objektiv gefährlicher Gegenstand sein. Eine Sache ist dann objektiv gefährlich, wenn sie geeignet ist erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Andere Gerichte stellen auf den sogenannten subjektiven Ansatz ab und qualifizieren Sachen dann als anderes gefährliches Werkzeug, wenn sie nach der Zielsetzung des Täters in der konkreten Situation als Waffe eingesetzt werden sollen. Aufgrund des Verletzungspotenzials des Gegenstands soll eine eine Waffenähnlichkeit gegeben sein. Nach einer weiteren Einschätzung soll eine Kombination dieser Kriterien erforderlich sein, um die „uferlose Ausdehnung“ der Anwendung des gefährlichen Werkzeugs beim Diebstahl entgegenzuwirken.

Beispielsweise werden durch die Gerichte teils auch kleine Obstmesser bzw. Taschenmesser als gefährliches Werkzeug bewertet. Gleiches gilt für Baseballschläger, Knüppel bereits zuvor erwähnt Pfefferspray. Problematisch ist die Einordnung von Alltagsgegenständen wie beispielsweise Nagelschere, Schraubenzieher, Hammer, Axt oder Seitenschneider.

Beispiel Diebstahl mit Seitenschneider: Nach einem aktuellen Urteil des OLG Nürnberg (Aktenzeichen: 1 OLG 8 Ss 183/18) stellt ein Seitenschneider kein gefährliches Werkzeug im Sinne des Diebstahls mit Waffen dar. Nach den Ausführungen des Senats ist ein Seitenschneider bereits nicht dazu geeignet, erhebliche Verletzungen bei einem Menschen herbeizuführen. Der betroffene Seitenschneider hatte ein Gewicht von 180 Gramm, war 13 cm lang, die Schneidkanten hatten eine Länge von 1,7 cm. Die Eignung zur Herbeiführung erhebliche Verletzungen war nicht gegeben, da der Seitenschneider einerseits unhandlich die Schneidkanten andererseits klein stumpf waren. Auch eine Verwendung des Seitenschneiders als Stichwerkzeug scheidet nach der zutreffenden Auffassung des OLG aus, da die Enden der Zange im geöffneten Zustand zwar spitz seien, ein zu stechen aufgrund der Beschaffenheit des Werkzeugs allerdings nicht, allenfalls schwer möglich sei.

c) Beisichführen

Eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug führt derjenige bei sich, welcher bei der Tatbegehung ohne nennenswerte Verzögerung Zugriff auf den Gegenstand hat. Dies ist gegeben, wenn die Sache griffbereit ist. Es ist nicht notwendig, dass der Gegenstand am Körper getragen oder gar verwendet wird. Ein Beisichführen ist beispielsweise bei einem eingeklappten Taschenmesser, das sich in einem per Reißverschluss verschlossenen Seitenfach einer Damenhandtasche oder am Boden eines Rucksacks unter Bekleidung etc. befindet, nicht gegeben.

3. Welche Strafen sind bei einer Verurteilung zu erwarten?

Eine konkrete Prognose der zu erwartenden Strafe bei einer Verurteilung wegen des Diebstahls mit Waffen ist regelmäßig schwierig. Hier kommt es auf eine Vielzahl von Faktoren an. Es kommt ebenso auf die Höhe des Beuteschadens, die Gefährlichkeit der Waffe oder des gefährlichen Werkzeugs, die Tatausführung, wie auf ein Geständnis sowie das Nachtatverhalten – insbesondere die Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs kann eine Strafe erheblich positiv beeinflussen – an.

Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass § 244 StGB einen erhöhten Strafrahmen hat. Die seitens des aus beurteilenden Gerichts zu verhängende Strafe soll zwischen sechs Monaten bis zu zehn Jahren liegen. In minder schweren Fällen beträgt der Strafrahmen drei Monate bis zu fünf Jahren. Bitte beachten Sie, dass lediglich Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden können.

4. Ladung zur Beschuldigtenvernehmung erhalten – was nun?

Gegen Sie wird ein Ermittlungsverfahren wegen des Diebstahls mit Waffen geführt, sie haben eine Ladung der Polizei erhalten und sollen als Beschuldigter vernommen werden?

Hier empfehle ich Ihnen, von Ihrem Schweigerecht Gebrauch zu machen. Als Beschuldigter haben Sie ein umfassendes Recht zu schweigen. Sie müssen sich insbesondere nicht selbst belasten. Angesichts des erhöhten Mindeststrafrahmens (siehe oben) ab sechs Monaten Freiheitsstrafe ist eine Verhaftung nicht zwingend. Gleichwohl sollten Sie sich umgehend professionelle Hilfe angedeihen lassen. Weitere Infos zur Beschuldigtenvernehmung finden Sie hier.

Tipp vom Fachanwalt für Strafrecht: Der Vorwurf des Diebstahls mit Waffen wiegt schwer. Sie sollten diesen ernst nehmen und von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen. Stecken Sie den Kopf nicht in den Sand und lassen Sie sich anwaltlich beraten. Gegebenenfalls sollten Sie über Ihren Rechtsanwalt Akteneinsicht in die Ermittlungsakte nehmen und im Anschluss die weitere Verteidigungsstrategie abstimmen.

Quellennachweis: Plambeck, Siegfried Fries, Andreas Bender – pixelio.de