Führerschein weg? Unangenehme Begleiterscheinung der Trunkenheitsfahrt, Straßenverkehrsgefährdung oder Fahrerflucht ist häufig die Entziehung der Fahrerlaubnis. Wann und unter welchen Voraussetzungen die Fahrerlaubnisentziehung angeordnet werden kann, ist in § 69 Strafgesetzbuch geregelt.
Häufig sind mit dem Verlust des Führerscheins bzw. (juristisch korrekt) mit der Entziehung der Fahrerlaubnis erhebliche teils gar existentielle Probleme verbunden. Zur Vermeidung von Nachteilen für die Dauer des Führerscheinentzugs sollten Sie sich bei Straftaten im Straßenverkehr zeitnah von einem im Strafrecht tätigen Rechtsanwalt beraten und unterstützen lassen. Nachfolgend finden Sie die wichtigsten Infos im Zusammenhang mit der Entziehung der Fahrerlaubnis. Diese können aber eine individuelle anwaltiche Beratung nicht ersetzen.
Unter welchen Voraussetzungen kann Ihnen der Strafrichter die Fahrerlaubnis entziehen?
Die Entziehung der Fahrerlaubnis wird bei Straftaten die im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugsführers angeordnet. Unter Kraftfahrzeug versteht man ausschließlich Fahrzeuge, die mit Maschinenkraft angetrieben werden.
Exkurs – Sonderfall Fahrrad: Fahrräder fallen nicht in den Regelungsbereich des § 69 StGB. Aus diesem Grunde kann Ihnen bei Straftaten, die Sie als Führer eines Fahrrades (beispielsweise eine Trunkenheitsfahrt auf dem Fahrrad) begangen haben, seitens der Strafjustiz nicht der Führerschein entzogen werden. Bitte beachten Sie aber, dass sie auch bei Fahrten mit dem Fahrrad unter Einfluss von Betäubungsmitteln oder ab einer Alkoholisierung von 1,6 Promille mit der Anordnung einer MPU zu rechnen haben! Ich empfehle Ihnen deshalb, sich auch bei mit dem bzw. auf dem Fahrrad begangenen Straftaten anwaltlich unterstützen zu lassen.
Anlasstaten für die Entziehung der Fahrerlaubnis sind Verkehrsstraftaten – hierbei ist der Begriff der Verkehrsstraftat weit auszulegen. Solche sind insbesondere die Trunkenheit im Straßenverkehr nach § 316 StGB, die Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c StGB, der gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr aus § 315b StGB, das Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG) und das unerlaubte Entfernen vom Unfallort nach § 142 StGB, das verbotene Kraftfahrzeugrennen gemäß § 315d StGB und den Vollrausch (soweit er sich auf eine der vorgenannten Verkehrsstraftaten bezieht) aus § 323a StGB, aber auch die fahrlässige Körperverletzung nach § 229 StGB, die fahrlässige Tötung gemäß § 222 StGB. Voraussetzung bei sowohl der fahrlässigen Körperverletzung als auch der fahrlässigen Tötung ist aber ein Zusammenhang mit dem Straßenverkehr. Es muss ein sogenannter verkehrsspezifischer Gefahrzusammenhang zum Führen eines Kraftfahrzeugs gegeben sein.
Außerdem müssen Sie ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sein. Diese fehlende Fahreignung kann sich aus körperlichen bzw. geistigen Mängeln ergeben. Solche sind beispielsweise Probleme mit der Sehfähigkeit oder mit dem Hören. Aber auch altersbedingte Abbauerscheinungen, psychische Erkrankungen wie Schizophrenie, intellektuelle Minderbegabung oder Demenz können ebenso wie eine Suchterkrankung – davon ist sowohl Alkoholismus als auch eine Betäubungsmittelabhängigkeit umfasst – zur Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen führen. Daneben sind Charaktermängel für eine solche Ungeeignetheit ausschlaggebend. Solche charakterlichen Mängel müssen aber eine verkehrsspezifische Gefährlichkeit bedingen.
In § 69 Abs. 2 StGB sind verschiedene Regelbeispiele genannt. Es handelt sich um bestimmte Verkehrsstraftaten, aus deren Begehung sich eine Regelvermutung für die Ungeeignetheit des Täters (zum Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr) ergibt. Es handelt sich insbesondere um die bereits genannte Trunkenheitsfahrt, die Straßenverkehrsgefährdung, den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, den Vollrausch, dass verbotene Kraftfahrzeugrennen sowie das unerlaubte Entfernen vom Unfallort. Voraussetzung für die Regelanordnung der Entziehung der Fahrerlaubnis bei der Unfallflucht ist, dass der Täter weiß oder wissen kann, dass bei dem Unfall ein Mensch zu Tode kam oder nicht unerheblich verletzt wurde oder an einer fremden Sache ein bedeutender Schaden entstanden ist.
Exkurs – Besonderheit Wertgrenze bei der Fahrerflucht: Voraussetzung für die Regelentziehung der Fahrerlaubnis bei einer Verkehrsunfallflucht ist ein bedeutender Fremdschaden. Fremdschaden in diesem Sinne ist der Schaden an Sachen dritter Personen. Nicht davon umfasst ist das vom Täter selbst geführte Fahrzeug und zwar auch dann nicht, wenn es sich um ein Fremdfahrzeug handelt, welches der Fahrer berechtigterweise führte. Der Täter muss wissen oder wissen können, dass der bedeutende Schaden an der fremden Sache eingetreten ist. Fremdschaden sind dabei sämtliche zivilrechtlich ersatzfähigen Schadenspositionen. Mittelbare Schadenspositionen wie Entschädigung für den Nutzungsausfall oder Kosten für den Gutachter finden keine Berücksichtigung. Ebenso ist auch die Umsatzsteuer nicht in die Berechnung einzubeziehen. Ansonsten wäre die Schadenshöhe von der Entscheidung des Unfallgegners hinsichtlich der Reparatur seines Fahrzeugs abhängig.
Die Frage, ab welcher Grenze ein bedeutender Fremdschaden vorliegt, wird von der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet und unterliegt aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung und der regelmäßigen Teuerung im Kraftfahrzeugbereich einem ständigen Wandel. Einen solchen nahm die Rechtsprechung mehr oder minder einheitlich bei einem Schaden in Höhe von mindestens 1300 € bis etwa 1500 € an. Nach einer aktuellen Entscheidung des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 12. November 2018 (Aktenzeichen: 5 Qs 73/18) soll ein relevanter Fremdschaden im Sinne des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB erst ab 2500 € gegeben sein. Die großzügige Anhebung begründet das Landgericht einerseits mit der Entwicklung der Verbraucherpreise für die Wartung und Reparatur von Fahrzeugen in den Jahren 2010-2016 um 11,6 % bei gleichzeitiger Steigerung des Reallohns um lediglich 7,8 % sowie der „neuen“ Möglichkeit der Verhängung von bis zu sechsmonatigen Fahrverboten gemäß § 44 Abs. 1 StPO (seit der Gesetzesänderung vom 44. August 2017).
Ist der Führerscheinentzug schon vor einer Verurteilung möglich?
Bereits vor (rechtskräftigter) Verurteilung bzw. Rechtskraft des Strafbefehls kann Ihnen die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen werden. Die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist in § 111a StPO geregelt. Diese ist seitens des (Ermittlungs-) Richters anzuordnen, wenn dringende Gründe für eine spätere Entziehung der Fahrerlaubnis gegeben sind. Die Zeit der vorläufigen Entziehung ist auf die später zu verhängende Sperrfrist anzurechnen. Gegen die vorläufige Entziehung können Sie sich mittels der Beschwerde wehren. Falls Sie eine Beschwerde planen, sollten Sie sich zur Vermeidung von (zeitlichen) Nachteilen rechtsanwaltlich beraten lassen!
Wie lange kann Ihnen der Führerschein genommen werden?
Die Sperrfrist betreffend die Entziehung Ihrer Fahrerlaubnis bzw. bis zur Wiedererteilung derselben beträgt zwischen sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Das bedeutet, dass sie je nach Schwere des Ihnen vorgeworfenen Delikts zwischen einem halben Jahr bis zu fünf Jahren auf Ihren Führerschein verzichten müssen. Dies ergibt sich aus § 69a StGB.
Gibt es Möglichkeiten, auf die Dauer der Sperrfrist Einfluss zu nehmen?
Häufig führt die Entziehung der Fahrerlaubnis zu existenziellen Problemen. Viele Personen sind beruflich auf Ihren Führerschein angewiesen Entscheidend ist deshalb in den allermeisten Fällen die Dauer der Entziehung. Diese können Sie insbesondere durch Ihr Nachtatverhalten beeinflussen. Insbesondere durch die (nachweisbare) Belegung von Nachschulungskursen, verkehrspsychologischen Schulungen, der Beibringung von Abstinenznachweisen bei Fahrten unter Alkoholeinfluss oder Drogeneinfluss kann eine Verkürzung der zuvor verhängenden Sperrfrist erreicht werden. Auch die Widerlegung der Regelvermutung ist hierdurch möglich. Bitte beachten Sie, dass auch eine nachträgliche Sperrzeitverkürzung gemäß § 69a Abs. 7 StGB beantragt werden kann. Gerne kann ich Sie zu diesen Themen im Rahmen einer Erstberatung bzw. im Wege Ihrer Strafverteidigung anwaltlich unterstützen.
Tipp vom Fachanwalt für Strafrecht: Wenn Ihr Führerschein in Gefahr ist und die Entziehung der Fahrerlaubnis droht, sollten Sie sich professionelle Unterstützung holen. Üben Sie bei Ihrer Beschuldigtenvernehmung gegenüber der Polizei Ihr Schweigerecht aus. Beauftragen Sie einen im Verkehrsstrafrecht versierten Rechtsanwalt und nehmen Sie über diesen Akteneinsicht. Häufig ergeben ist durch eine geschickte Wahrnehmung Ihrer Strafverteidigung eine Verkürzung der Sperrfrist möglich.
Quellennachweis: pixplosion, RainerSturm, Uta Herbert, Michael Grabscheit – pixelio.de