Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte

Der Kontakt mit einem Polizisten oder Gerichtsvollzieher läuft nicht immer wie gewünscht ab. Wenn Sie mit dem Beamten aneinandergeraten sind, kann die Folge eine Anzeige wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sein. Was aber versteht man unter Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte? Was soll ich tun, wenn ich eine Ladung zur Beschuldigtenvernehmung wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte erhalten habe? Welche Faktoren haben Einfluss auf das Strafmaß? Welche Strafen erwarten mich bei einer Verurteilung wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte? Die Antworten finden Sie hier.

Was versteht man unter Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte?

Wenn Sie eine Vorladung zur Beschuldigtenvernehmung wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§113 StGB) erhalten haben, sind Sie wahrscheinlich vor Kurzem mit einem Polizeibeamten oder Gerichtsvollzieher aneinandergeraten. Denn dies sind die beiden häufigsten Arten von Vollstreckungsbeamten.

In den meisten Fällen hat es irgendeine Form von Gewaltanwendung gegenüber dem Beamten gegeben. Das bedeutet, die Auseinandersetzung ist über das Verbale hinausgegangen. Nur im Fall einer Drohung reicht die verbale Variante für den Straftatbestand “Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte” aus. Häufiger sind jedoch die Fälle, in denen eine Gewaltanwendung stattfindet bzw. der Polizeibeamte eine Handlung als solche wertet.

Eine interessante und gleichermaßen unschöne Eigenschaft dieses Straftatbestandes ist, dass es sich häufig um eine Art Retourkutschen-Delikt handelt. Es kommt immer wieder einmal vor, dass sich auch Polizeibeamte nicht völlig korrekt benehmen. Wenn Sie dieses Verhalten zur Anzeige bringen, zum Beispiel in Form einer Anzeige wegen Körperverletzung im Amt, dann kann es passieren, dass Sie Ihrerseits angezeigt werden. In diesem Fall fängt die Polizei nicht etwa an zu ermitteln, was der Kollege oder die Kollegin falsch gemacht hat, sondern der Polizist erstattet eine entsprechende Gegenanzeige.

In welcher Form kann ein Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte stattfinden?

Zunächst muss eine Vollstreckungshandlung des Polizeibeamten oder Gerichtsvollziehers vorliegen. Er oder sie muss gerade etwas gegen Sie Gerichtetes unternehmen und Sie wehren sich in irgendeiner Form dagegen. Grundsätzlich wird dabei zwischen passiver und aktiver Gewalt unterschieden.

Fälle von passiver Gewalt sind zum Beispiel:

– Sie wehren sich dagegen, dass Ihnen Handschellen angelegt werden, indem Sie sich sperren.

– Sie halten sich an Ihrem Lenkrad fest, wenn Sie aufgefordert werden, Ihr Fahrzeug zu verlassen.

– Sie widersetzen sich einer Verhaftung, indem Sie sich an einem Türstock oder anderswo festhalten.

Beispiele für Fälle von aktiver Gewalt sind Schläge, Tritte und andere Körperbewegungen gegen den Polizeibeamten.

Welches sind die Kriterien für Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§113 StGB)?

Ein wichtiger Punkt: Die Vollstreckungshandlung muss rechtmäßig sein! Ist die Handlung des Polizisten oder Gerichtsvollziehers nicht rechtmäßig, scheidet der Straftatbestand „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ aus.

Es gibt zum Beispiel Fälle, in denen Polizeibeamte ohne Rechtsgrundlage Hausdurchsuchungen anordnen und durchführen. Wenn Sie sich dann widersetzen, liegt zunächst einmal eine Widerstandshandlung vor. Möglicherweise wird diese auch entsprechend verfolgt. Es kann sich aber im weiteren Verlauf herausstellen, dass Sie als Beschuldigter rechtmäßig gehandelt haben, weil die Handlung des Polizisten unrechtmäßig erfolgte. Dann löst sich der Vorwurf der Widerstandshandlung auf.

So ist beispielsweise Ihre Wohnung als Ort grundrechtlich besonders geschützt. Beamte dürfen dort nicht einfach ohne triftigen Grund eintreten und sich umsehen. Es bedarf eines Grundes dafür. Manchmal werden diese Gründe jedoch vorgeschoben, ausgedehnt oder überdehnt. Dann wird versucht, rechtswidrig Ihre Wohnung zu betreten. Wenn Sie den Beamten in einem solchen Fall aus Ihrer Wohnung herausschieben, dann haben Sie eine Tätlichkeit begangen und vermeintlich auch einen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte. Dieser Tatbestand kann sich dann aber aufgrund der fehlenden Rechtmäßigkeit der Vollstreckungshandlung auflösen.

Es passiert überraschend häufig, dass eine Vollstreckungshandlung nicht rechtmäßig war. Allerdings ist die Sicht eines Verteidigers hier oft eine andere als die der Justiz. Nicht alles, was Strafverteidiger als rechtswidrig einstufen, wird auch tatsächlich von der Justiz als rechtswidrig angesehen.

Welche Schritte folgen, wenn ich mit einer Ladung zur Beschuldigtenvernehmung wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zum Anwalt komme?

Zuerst erfasse ich den Sachverhalt. Ich lasse mir als Anwalt die Situation schildern und halte sie schriftlich fest. Was ist aus Ihrer Sicht vor Ort geschehen? Dann kläre ich ab, welche Straftatbestände überhaupt in Betracht kommen. Anschließend erkläre ich Ihnen als Mandant, welche Strafen Sie am Ende des Verfahrens grundsätzlich erwarten könnten, wie die Verteidigungschancen sind und wie die weitere Vorgehensweise genau aussieht.

Wichtig ist, dass diese Einschätzungen ohne Akteneinsicht und ohne genaue Kenntnis über die Informationen, die der Polizei und Staatsanwaltschaft vorliegen, nicht abschließend getroffen werden können. Es handelt sich um eine vorläufige Einschätzung der Rechtslage.

Nach einer Mandatierung besorge ich die Ermittlungsakte und arbeite mich in diese ein. Anschließend bespreche ich mit Ihnen die weitere Strategie. Sie hängt von den Einzelheiten Ihres speziellen Falles ab.

Wann ist der richtige Zeitpunkt, um einen Anwalt bei einem Tatvorwurf nach § 113 StGB einzuschalten?

Je früher Sie einen Strafverteidiger mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen beauftragen, desto früher kann dieser steuernd eingreifen. Es macht daher Sinn, sich schnell professionelle Unterstützung zu holen. Spätestens dann, wenn Sie als Beschuldigter vernommen wurden bzw. eine Ladung zur Beschuldigtenvernehmung erhalten haben, sollten Sie sich an einen im Strafrecht tätigen Rechtsanwalt wenden.

Wie verhalte ich im Falle eines Strafbefehls oder einer Anklageschrift wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte?

Spätestens dann, wenn Sie einen Strafbefehl oder eine Anklageschrift erhalten haben, sollten Sie sich angesichts der weitreichenden Folgen im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung (Geldstrafe oder Freiheitsstrafe, Schmerzengeld, Schadensersatzansprüche u.a.) anwaltlich beraten lassen. Bitte beachten Sie diesbezüglich auch die 14-tägige Einspruchsfrist im Strafbefehlsverfahren.

Welche Faktoren haben Einfluss auf das Strafmaß?

Zahlreiche Faktoren beeinflussen das Strafmaß beim Straftatbestand “Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte”.

Beispiele für solche Faktoren sind:

– Sind Sie Ersttäter oder Wiederholungstäter?

– Haben Sie Vorstrafen?

– Wie massiv waren die Widerstandshandlungen?

– Mögliche Verletzungen bei Vollstreckungsbeamten?

– Gibt es ein Geständnis von Ihnen?

– Zu welchem Zeitpunkt wurde das Geständnis abgegeben?

– Haben Sie sich bei dem Beamten oder der Beamtin entschuldigt?

– Gibt es Bemühungen, den Schaden im Rahmen eines sogenannten Täter-Opfer-Ausgleichs wiedergutzumachen?

Welche Strafen erwarten mich bei einer Verurteilung wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte?

Das Strafmaß bei Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte bewegt sich von einer Geldstrafe bis hin zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. Bei einer Widerstandshandlung leichterer Art, unter vorrangig positiven Rahmenbedingungen (zum Beispiel Ersttäter, keine Verletzungen beim Beamten), ist eine Geldstrafe zu erwarten bzw. maximal eine Bewährungsstrafe. Wenn die Geldstrafe unter 90 Tagessätzen liegt, können Sie sich als Ersttäter dann weiterhin als „nicht vorbestraft“ bezeichnen.

Welche Strafen gibt es in besonders schweren Fällen?

Es gibt auch einen besonders schweren Fall des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. In diesen Fällen beträgt das Strafmaß sechs Monate bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe.

Beispiele für einen besonders schwere Fälle sind:

– Sie selbst oder ein anderer Tatbeteiligter führen eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug mit sich. Dabei reicht es aus, wenn die Waffe in Reichweite ist. Sie müssen nicht damit angegriffen haben.

– Der Vollstreckungsbeamte oder Polizeibeamte kommt durch die Widerstandshandlung in Todesgefahr, oder es droht die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung.

– Die Widerstandshandlung wird mit mehreren Beteiligten gemeinschaftlich begangen.

Gibt es noch besonders wichtige Tipps zum Schluss?

Tipp 1: Je früher Sie einen Anwalt hinzuziehen und je früher dieser die Möglichkeit hat, lenkend einzugreifen, desto besser sind in der Regel die Ergebnisse, die beim Ausgang Ihres Verfahrens erreicht werden können.

Tipp 2: Machen Sie unbedingt von Ihrem Schweigerecht Gebrauch! Es ist eines der wichtigsten Beschuldigtenrechte überhaupt. Sie müssen sich nicht selbst belasten. Sie sollen keine Aussage zur Sache machen. Folgen Sie daher auch nicht direkt der Ladung zur Beschuldigtenvernehmung, sondern kontaktieren Sie vorher einen Anwalt, der sich mit Strafrecht befasst.