In dem nachfolgenden Artikel informiert Rechtsanwalt Kämpf über ein Urteil des BGH (Aktenzeichen: 1 StR 302/13 vom 14. Januar 2015), in welchem sich der BGH erstmalig mit der Frage der nicht geringen Menge bei synthetischen Cannabinoiden auseinandersetzt.

Informationen zur nicht geringen Menge bei anderen Betäubungsmitteln finden Sie hier.

1. Was bedeutet nicht geringe Menge – was sind die Folgen?

Die Frage, ab welcher Menge die so genannte nicht geringe Menge vorliegt, ist für Beschuldigte und Angeklagte in einem Ermittlungsverfahren bzw. Strafverfahren wegen des Verdachts des Handeltreibens, der Abgabe, der Herstellung, des Besitzes oder des Erwerbs von synthetischen Cannabinoiden von erheblicher Bedeutung. Danach entscheidet sich, ob der Straftatbestand eines Vergehens nach § 29 BtMG oder der eines Verbrechens nach § 29a, 30 oder 30a BtMG verwirklicht wurde.

Exkurs: Als Verbrechen werden Taten bezeichnet, für die eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe vorgesehen sind. § 29a BtMG sieht als Strafrahmen ein Jahr bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe, in minder schweren Fällen drei Monate bis zu fünf Jahren vor. Die Mindeststrafe für ein Verbrechen nach § 30 BtMG beträgt zwei Jahre, in minder schweren Fällen ist der Strafrahmen drei Monate bis zu fünf Jahre. Nach § 30a BtMG ist eine Freiheitsstrafe ab fünf Jahren zu verhängen, in minder schweren Fällen eine solche von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

2. nicht geringe Menge bei synthetischen Cannabinoiden – das Urteil des BGH

Bislang sah die Vorinstanz zu dem Urteil des BGH durch das Landgericht Landshut, ebenso wie das Landgericht Ulm (Urteil vom 24. März 2011, Aktenzeichen: 1 KLs 22 Js 15896/09) die nicht geringe Menge für den Wirkstoff JWH-018 ab 1,75 g erreicht. Entgegen dieser Auffassung sollte nach Landgericht Kleve (Urteil vom 6. Februar 2012, Aktenzeichen: 120 Kls 40/11) die nicht geringe Menge für JWH-018 bei 0,75 g liegen.

Der BGH hob das Urteil des Landgerichts Landshut (zumindest teilweise) auf und legte die nicht geringe Menge für verschiedene synthetische Cannabinoide fest.

Diese sah er für die Wirkstoffe CP 47,497-C8-Homolog und JWH-018 ab einer Menge von 2 g erreicht. Aufgrund ihrer geringeren Gefährlichkeit legte er die nicht geringe Menge für die Wirkstoffe JWH-073 und CP 47,497 auf 6 g fest.

Der BGH führt hierzu aus, dass sich die verschiedenen synthetischen Cannabinoide in ihrer Potenz und Wirkungsintensität unterscheiden. Es bestünden lediglich eingeschränkte Datengrundlagen, insbesondere fehlen klinische Studien.

Die berauschende Wirkung des CP 47,497-C8-Homologes habe eine vergleichbare Potenz wie JWH-018. Diese halte beim CP 47,497-C8-Homolog 4-6 Stunden und beim Konsum von JWH-018 ein bis 2 Stunden (vergleichsweise wirkt Tetrahydrocannabinol (THC) 2-3 Stunden). Sowohl bei CP 47,497-C8-Homolog als auch bei JWH-018 treten aber neben den vom Cannabis-Konsum bekannten Nebenwirkungen weitere beim Cannabiskonsum untypische Symptome auf. Diese starken, teilweise gar lebensgefährlichen, Nebenwirkungen führen nach Einschätzung des BGH zu einer erhöhten Gefährlichkeit, welche die Festlegung nicht geringen Menge auf 2 g nach sich zieht.

Zwar führt der Konsum der Wirkstoffe CP 47,497 und JWH-073 im Vergleich zu einer THC- Intoxikation ebenfalls zu unerwünschten Nebenwirkungen. Nach Einschätzung des hinzugezogenen Sachverständigen seien diese Wirkstoffe aber hinsichtlich ihrer Potenz dem THC ähnlich. Deshalb senkte der BGH hier die nicht geringe Menge im Vergleich zu THC (hier liegt die nicht geringe Menge bei 7,5 g) leicht ab und bestimmte den Grenzwert auf je 6 g.

Strafverteidiger-Tipp: die Rechtslage bei den verschiedenen synthetischen Cannabinoiden, auch bekannt als „legal highs“, ist nach wie vor undurchsichtig. Diese sind zwischenzeitlich teils in die Anlage zum BtMG aufgenommen. Sollte gegen sie ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetzes geführt werden, empfiehlt es sich unbedingt, zunächst keine Angaben zur Sache zu machen und zeitnah einen Strafverteidiger zu Rate zu ziehen.

Quellennachweis: Hendrik Gerold – pixelio.de