Rechtsanwalt Kämpf aus München informiert Sie über die Nachstellung (§ 238 Strafgesetzbuch) bzw. Stalking, Strafen bei Nachstellung und Voraussetzungen des Straftatbestandes.

Sie haben eine Vorladung zur Beschuldigtenvernehmung wegen des Verdachts der Nachstellung erhalten und wissen nicht, wie Sie sich verhalten sollen? Die Polizei hat bei Ihnen eine Hausdurchsuchung durchgeführt und Unterlagen, Computer und andere Datenträger beschlagnahmt?

Der Straftatbestand der Nachstellung § 238 Strafgesetzbuch sanktioniert Verhaltensweisen, die als Stalking bezeichnet werden. Stalking sind danach verschiedene beharrliche Verhaltensweisen, die schwerwiegend in die Lebensgestaltung des Stalking-Opfers eingreifen. Bitte beachten Sie, dass unterschiedliche für Stalking typische Verhaltensweisen bereits durch das Strafgesetzbuch sanktioniert (beispielsweise Hausfriedensbruch § 123 StGB, Beleidigung § 185 StGB, Verleumdung § 187 StGB, Körperverletzung § 223 StGB, Nötigung § 240 StGB, Bedrohung § 241 StGB u.a.). Durch § 238 StGB sollen bestehende Strafbarkeitslücken im Zusammenhang mit Stalking geschlossen werden.

1. Welches Strafmaß habe ich im Falle einer Verurteilung wegen Nachstellung nach § 238 StGB zu erwarten, welche Strafe droht wegen Nachstellung?

§ 238 StGB sieht als Strafrahmen drei Jahre Freiheitsstrafe bis zu Geldstrafe vor. Der erhöhte Strafrahmen in Abs. 2 der Nachstellung von drei Monaten bis zu fünf Jahren ist vorgesehen, wenn die/der Geschädigte der Nachstellung durch diese in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung gebracht wird. Gemäß § 238 Abs. 3 Strafgesetzbuch können als Strafe für die Nachstellung Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren verhängt werden, falls durch die Nachstellung der Tod des Opfers, eines Angehörigen des Opfers oder einer anderen dem Opfer nahestehenden Person verursacht wurde.

Bitte beachten Sie, dass die Höhe des für die Nachstellung zu erwartenden Strafmaßes vom jeweiligen Einzelfall abhängig ist. Für das Strafmaß sind eine Vielzahl von Faktoren entscheidend. Bei der Entscheidung über das Strafmaß wegen Nachstellung nach § 238 StGB spielt insbesondere das Aussageverhalten des Beschuldigten/Angeklagten und dessen Nachtatverhalten (hier: Entschuldigung, Schadenswiedergutmachung, Täter-Opfer-Ausgleich, Zahlung eines Schmerzensgeldes, zivilrechtliche Einigung et cetera) eine Rolle.

2. Wann liegt ein strafrechtlich relevantes Stalking bzw. Nachstellung im Sinne des § 238 StGB vor?

Täter und Opfer der Nachstellung können jeweils sowohl männlich als auch weiblich sein. Häufig tritt Stalking im Zusammenhang mit der Beendigung einer Beziehung oder Ehe ebenso wie nach Zurückweisungen eines Verehrers/einer Verehrerin auf.
In seinem Kern bedeutet Nachstellung Auflauern, Aufsuchen, Verfolgen, Abpassen oder Treiben des Stalking-Opfers durch den Stalking-Täter. Nach § 238 Strafgesetzbuch ist die Nachstellung (objektiv) erfüllt, wenn der Täter des Stalking zum einen eine der Tathandlungen nach § 238 Abs. 1 StGB erfüllt, zum anderen hierbei beharrlich sowie unbefugt handelt und dies weiterhin die Lebensgestaltung des Opfers schwer wiegend beeinträchtigt.

a) Welche Tathandlungen der Nachstellung nach § 238 Abs. 1 StGB gibt es?
§ 238 Abs. 1 StGB zählt fünf verschiedene Tathandlungen der Nachstellung auf. Danach kann eine Nachstellung gegeben sein, wenn der Stalker die räumliche Nähe des/der Geschädigten des Stalkings aufsucht. Dies setzt voraus, dass Täter und Opfer der Nachstellung getrennt leben. Ob und inwiefern das Opfer die Annäherung bemerken muss, ist umstritten. Ein zufälliges Aufeinandertreffen ist jedenfalls nicht ausreichend.
Zweite Tathandlung der Nachstellung ist der Versuch der Herstellung eines Kontakts unter Verwendung von Telekommunikationsmitteln (Telefon, SMS, E-Mail, auch Zusendung von Briefen oder Paketen).
Weiterhin kann eine Nachstellung durch die Aufgabe von Bestellungen oder die Veranlassung Dritter zur Kontaktaufnahme verwirklicht werden. Es kann sich sowohl um Bestellung von Waren als auch von Dienstleistungen handeln. Die Veranlassung Dritter zur Kontaktaufnahme kann beim Stalking beispielsweise durch die Aufgabe von Kontaktanzeigen o.ä. erfolgen.
Den Straftatbestand der Nachstellung kann der Täter des Stalking auch durch eine Bedrohung erfüllen. Bitte beachten Sie hierbei, dass § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB weiter greift als der Straftatbestand der Bedrohung gemäß § 241 Abs. 1 StGB. Im Vergleich zur Bedrohung ist bei der Nachstellung nicht die Androhung eines Verbrechens erforderlich, vielmehr soll die Bedrohung mit der Verletzung der Rechtsgüter Leben, körperliche Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit des Opfers des Stalking oder einer diesem nahestehenden Person ausreichend sein.
Außerdem enthält die Nachstellung gemäß § 238 Strafgesetzbuch den Auffangtatbestand des so genannten „anderen vergleichbaren Handlung“. Hierdurch sollen Verhaltensweisen, die nicht durch die Vorstehenden abgedeckt sind, das Opfer der Nachstellung aber gleichermaßen in seiner Lebensführung beeinträchtigen, bestraft werden. Denkbares Beispiel hierfür wäre eine im Rahmen der Nachstellung begangene Sachbeschädigung.

b) Welches Verhalten ist bei der Nachstellung nach § 238 StGB beharrlich und unbefugt?
Ein beharrliches Handeln im Sinne der Nachstellung ist gegeben, wenn der Täter der Nachstellung durch sein Verhalten eine besondere Hartnäckigkeit an den Tag legt, die seine gesteigerte Gleichgültigkeit gegenüber dem gesetzlichen Verbot und vor allen Dingen dem entgegenstehenden Willen des Opfers des Stalking zum Ausdruck bringt. Des Indizien für ein beharrliches Handeln im Sinne der Nachstellung sind unter anderem die Intensität, die Häufigkeit und Dauer des Eingriffs.
Der Täter der Nachstellung muss hierbei unbefugt handeln. Unbefugtes Handeln im Sinne der Nachstellung ist gegeben, ohne bzw. gegen das Einverständnis des Opfers handelt.

c) Wann ist der Taterfolg der schwer wiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung im Sinne des Stalking § 238 Strafgesetzbuch gegeben?
Taterfolg der Nachstellung muss die schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers sein. Dies ist aus Sicht des Opfers des Stalking zu beurteilen. Eine solche schwer wiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung ist gegeben, wenn das Opfer aufgrund des Verhaltens des Täters der Nachstellung einen Wohnsitzwechsel oder den Wechsel des Arbeitsplatzes in Betracht zieht. Gleiches gilt, wenn dem Opfer eine unbefangene Lebensführung im Hinblick auf die Nutzung von Kommunikationsmöglichkeiten nicht mehr möglich ist. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn die sorglose Entgegennahme von Briefen, Anrufen oder Paketen nicht mehr möglich ist.

3. Wann sind die Qualifikationen der Nachstellung gemäß § 238 Abs. 2 und Abs. 3 StGB gegeben?

Bringt der Täter das Opfer des Stalkings durch die Nachstellung in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsgefährdung kommt der erhöhte Strafrahmen des § 238 Abs. 2 Strafgesetzbuch (Strafe für die Nachstellung in dieser Form drei Monate bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe) zur Anwendung.
Die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung kann eintreten, wenn der Täter des Stalkings besonders gefährliche Verhaltensweise betreffend die Nachstellung an den Tag legt. Dies kann beispielsweise gegeben sein, wenn das Opfer aufgrund der Tat einen Suizid beabsichtigt oder zum Beispiel mit dem Kfz in risikoreicher Fahrt flüchtet.

So der Täter der Nachstellung durch diese den Tod des Opfers verursacht (§ 238 Abs. 3 StGB), beträgt der Strafrahmen dieser qualifizierten Nachstellung ein Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe. Es muss ein Ursachenzusammenhang gegeben sein.

Strafverteidiger-Tipp: Wenn die Polizei gegen Sie ermittelt und Sie zu einer Beschuldigtenvernehmung geladen hat oder gar eine Hausdurchsuchung bei Ihnen durchführt, sollten Sie schweigen! Sie müssen lediglich Angaben zu Ihrer Person (Name, Anschrift, Geburtsdatum und Geburtsort) tätigen. Angaben zum Vorwurf der Nachstellung selbst müssen und sollen Sie nicht machen. Die Ausübung Ihres Schweigerechts ist Ihr wichtigstes Recht als Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren. Entgegen anders lautender Informationen der ermittelnden Polizei wird Ihnen die Ausübung Ihres Schweigerechts in der Regel nicht (!) zum Nachteil gereichen. Schalten Sie einen im Strafrecht tätigen Rechtsanwalt ein und nehmen Sie über diesen Strafverteidiger zunächst Akteneinsicht in die Ermittlungsakte. Nach erhaltener Akteneinsicht können Sie nach Rücksprache mit Ihrem Rechtsanwalt zu den gegen Sie erhobenen Vorwürfen wegen Nachstellung/Stalking Stellung nehmen.

Quellennachweis Lichtbild: S. Hofschläger – www.pixelio.de