Nicht geringe Menge NpSG – Definition, Strafen & Verteidigungsstrategien

Der Begriff „nicht geringe Menge“ spielt im Strafrecht eine Rolle – auch bei Verfahren nach dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG). Obwohl das NpSG diese Formulierung nicht ausdrücklich enthält, berücksichtigen Gerichte bei der Strafzumessung die Wirkstoffmenge und Gefährlichkeit; eine starre Grenzwertbindung wie im Betäubungsmittelgesetz (BtMG) gibt es im NpSG jedoch nicht. Wer mit neuen psychoaktiven Stoffen (NPS) in Berührung kommt, sollte die rechtlichen Risiken kennen. Dieser Beitrag erläutert, was unter einer „nicht geringen Menge“ im NpSG-Kontext zu verstehen ist, wie die Bewertung erfolgt, welche Stoffgruppen relevant sind und welche Verteidigungsstrategien in der Praxis helfen können.

Was regelt das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG)?

Das NpSG ist ein Bundesgesetz, das seit dem 26. November 2016 gilt. Es verbietet nicht einzelne Stoffe, sondern ganze Gruppen psychoaktiver Substanzen (z. B. Cannabimimetika, Phenethylamine/Cathinone, Benzodiazepine, Tryptamine, Arylcyclohexylamine, N-(2-Aminocyclohexyl)amide). Ziel ist die schnelle Erfassung neu auftauchender „Legal Highs“. Besitz und Erwerb sind untersagt, werden aber nicht strafrechtlich, sondern verwaltungsrechtlich behandelt (Sicherstellung/Vernichtung). Strafrechtlich relevant sind insbesondere Inverkehrbringen, Handeltreiben, Herstellung, Abgabe oder Verabreichung.

Was bedeutet „nicht geringe Menge“ im NpSG?

Das NpSG kennt die „nicht geringe Menge“ nicht als Tatbestandsmerkmal. Für die Strafzumessung kann die Wirkstoffmenge dennoch eine wichtige Rolle spielen. Die Rechtsprechung betont, dass Gerichte die Gefährlichkeit der Stoffe und den Umfang der Tat berücksichtigen dürfen; eine verpflichtende Bezifferung konkreter Grenzwerte ist im NpSG aber nicht vorgesehen.

Wie wird die Menge bewertet?

Maßgeblich ist der reine Wirkstoffgehalt, nicht die Bruttomenge der Mischung. Die Bewertung orientiert sich an Potenz, Risiko und Vertriebssituation. Feste Grenzwerte wie im BtMG existieren im NpSG nicht; vielmehr erfolgt eine einzelfallbezogene Betrachtung. Historische BtMG-Grenzwerte zu bestimmten NPS sind für NpSG-Fälle nicht bindend.

Welche Stoffgruppen sind besonders relevant?

Die Tabelle zeigt die zentralen Stoffgruppen des NpSG, typische Praxisbezüge und Hinweise zur Strafzumessung. Hinweis: Viele konkret benannte NPS werden regelmäßig zügig in das BtMG überführt und unterfallen dann dem BtMG, nicht mehr dem NpSG.

Stoffgruppe (NpSG)PraxisbezugBewertung im NpSGRechtsprechung / Hinweis
Cannabimimetika / synthetische Cannabinoide„Kräutermischungen“, beschichtete ProdukteKeine festen Grenzwerte; maßgeblich u. a. Potenz, Wirkstoffgehalt, VertriebsmengeBGH betont Bedeutung der Wirkstoffmenge in der Strafzumessung; keine Pflicht zur Grenzwertfestlegung
Von 2-Phenethylamin abgeleitete Verbindungen (inkl. Cathinone)Stimulanzien, häufig Pulver/TablettenEinzelfallbetrachtung; Laborgutachten zum reinen Wirkstoff zentralKein starres Grenzwertschema wie im BtMG
Benzodiazepine„Research-Chemicals“ mit sedierender WirkungMengenbezug möglich, aber ohne feste SchwellenBewertung nach Potenz/gefährdungsspezifischen Kriterien
TryptaminePsychedelische WirkprofileEinzelfallbezogene GefährlichkeitsbewertungKeine normierten „nicht geringen Mengen“
ArylcyclohexylamineDissoziativa (z. B. ketaminartige Wirkungen)Keine fixe Schwelle; Wirkstoff- und Risikoprofil ausschlaggebendEinzelfallorientierte Strafzumessung
N-(2-Aminocyclohexyl)amideHeterogene Gruppe, teils neue DerivateForensische Analytik essenziell; keine starren GrenzwerteBewertung nach Gesamtumständen

Welche Strafen drohen unter dem NpSG?

Der Grundtatbestand nach § 4 Abs. 1 NpSG sieht Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor. Bei qualifizierenden Umständen – etwa Abgabe an Minderjährige, gewerbsmäßiges Handeln oder Bandentätigkeit – gilt § 4 Abs. 3 NpSG mit einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren. Maßgeblich ist neben der Tatmodalität vor allem die festgestellte Wirkstoffmenge und Gefährlichkeit.

Abgrenzung zum BtMG

Während das BtMG u. a. den Besitz unter Strafe stellt und für viele Stoffe feste Grenzwerte (nicht geringe Menge) entwickelt wurden, arbeitet das NpSG gruppenbasiert und ohne starre Mengenstufen. Werden NPS später in das BtMG überführt, richtet sich die Strafbarkeit nach dem BtMG; im Einzelfall ist die Anwendung des milderen Gesetzes zum Tatzeitpunkt nach § 2 StGB zu prüfen.

Ablauf eines NpSG-Strafverfahrens

Typisch sind Sicherstellung der Substanzen, Ermittlungen, forensische Analysen zum reinen Wirkstoffgehalt, Vernehmungen und ggf. Durchsuchungen. Je nach Lage kommen Einstellung, Strafbefehl oder Anklage in Betracht. Im Hauptverfahren sind Gutachten zur Wirkstoffmenge und die Rolle des Beschuldigten (Eigenbedarf, Gelegenheitsverkauf, organisierte Struktur) zentral.

Verteidigungsansätze

Wichtig sind Gegenanalysen, Prüfung von Messunsicherheiten, Probenhomogenität und Laborqualität. Daneben sind Vorsatz, Rollenabgrenzung, fehlende Gewinnabsicht sowie Milderungsgründe (Therapie-/Beratungsnachweise, Schadenswiedergutmachung) zu berücksichtigen.

Gutachten zur Wirkstoffmenge

Unabhängige toxikologisch-forensische Gutachten können belegen, dass der Wirkstoffgehalt unterhalb einer relevanten Schwelle liegt oder Messunsicherheiten zugunsten des Angeklagten wirken. Das kann die Strafzumessung spürbar entschärfen.

Warum frühzeitige anwaltliche Hilfe entscheidend ist

Frühzeitige Verteidigung ermöglicht es, die Beweiserhebung zu steuern, eigene Gutachten zu veranlassen und strategische Weichen zu stellen. Gerade in NPS-Verfahren können kleine Analytikfehler große Auswirkungen haben.

 

Strafverteidiger-Tipp 1: Je früher Sie einen Anwalt hinzuziehen und je früher dieser die Möglichkeit hat, lenkend einzugreifen, desto besser sind in der Regel die Ergebnisse, die in Ihrem Ermittlungsverfahren bzw. in Ihrem Strafverfahren erreicht werden können.

Strafverteidiger-Tipp 2: Machen Sie unbedingt von Ihrem Schweigerecht Gebrauch! Es ist eines Ihrer wichtigsten Beschuldigtenrechte. Sie müssen sich nicht selbst belasten. Sie sollen keine Aussage zur Sache machen. Folgen Sie daher auch nicht der Ladung zur Beschuldigtenvernehmung, sondern kontaktieren Sie vorher einen auf das Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalt.

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