Strafrechtliche Verjährung – Rechtsanwalt Kämpf erklärt die verschiedenen Verjährungsfristen im Strafrecht
Zeit ist dein Freund? Mit zunehmendem Zeitablauf steigt die Hoffnung – ist meine Straftat verjährt, muss die Staatsanwaltschaft deshalb mein Ermittlungsverfahren einstellen? Im Strafverfahren ist die Frage der Verjährung von erheblicher Relevanz. Mit Eintritt der Verfolgungsverjährung liegt ein absolutes Strafverfolgungshindernis vor. Nachfolgend informiert Rechtsanwalt Kämpf Sie zu Ihren Fragen rund um das Thema strafrechtliche Verjährungsfristen.
Welche Verjährungsfristen gibt es? Ab wann ist eine Straftat verjährt?
Das Strafgesetzbuch unterscheidet grundsätzlich zwischen der Vollstreckungsverjährung und der Verfolgungsverjährung.
Vollstreckungsverjährung gemäß § 79 StGB
Die Vollstreckungsverjährung ist die Frist, nach der eine verhängte Geld- oder Freiheitsstrafe nicht mehr vollstreckt werden kann. Mit Eintritt der Verjährung müssen Sie also alternativ Ihre Geldstrafe nicht mehr bezahlen oder nicht mehr ins Gefängnis. Die verschiedenen Fristen hierzu finden Sie in § 79 StGB.
Diese betragen:
- fünfundzwanzig Jahre bei Freiheitsstrafen von mehr als zehn Jahren,
- zwanzig Jahre bei Freiheitsstrafen von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren,
- zehn Jahre bei Freiheitsstrafen von mehr als einem bis zu fünf Jahren,
- fünf Jahre bei Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe von mehr als 30 Tagessätzen sowie
- drei Jahre bei Geldstrafen bis zu 30 Tagessätzen.
Die Vollstreckung einer lebenslangen Freiheitsstrafe verjährt nicht.
Fristbeginn bei der Vollstreckungsverjährung
Die Frist der Vollstreckungsverjährung beginnt mit Rechtskraft der Entscheidung (§ 79 Abs. 6 StGB).
Verfolgungsverjährung nach § 78 StGB
Als Verfolgungsverjährung bezeichnet man die Frist, nach der die Straftat nicht mehr verfolgt werden kann. Diese Verjährungsfrist ist in § 78 StGB geregelt. Dabei ist zunächst zu beachten, dass Mord (§ 211 StGB) nicht (!) verjährt.
Im Übrigen betragen die einzelnen Fristen:
- dreißig Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind,
- zwanzig Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mehr als zehn Jahren bedroht sind,
- zehn Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren bis zu zehn Jahren bedroht sind,
- fünf Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr bis zu fünf Jahren bedroht sind,
- drei Jahre bei den übrigen Taten.
Bitte beachten Sie, dass für die Bemessung der jeweiligen Verjährungsfrist die Strafandrohung im Straftatbestand des Grunddelikts relevant ist. Keine Rolle spielen die in Strafgesetzbuch vorgesehenen besonders schweren Fälle, also die Verschärfungen des Grundtatbestandes. Dies bedeutet beispielsweise, dass bei einem besonders schweren Fall des Diebstahls (§ 243 Abs. 1 StGB) keine Verlängerung der Verjährungsfrist eintritt, § 78 Abs. 4 StGB. Denn beim besonders schweren Fall des Diebstahls handelt es sich „lediglich“ um eine Strafverschärfungsregelung. Sowohl für den Diebstahl als auch für den besonders schweren Fall des Diebstahls beträgt die Verfolgungsverjährung also zehn Jahre, da die Höchstfreiheitsstrafe beim Diebstahl fünf Jahre ist. Auch der besonders schweren Fall des Betruges nach § 263 Abs. 3 StGB ist eine solche Strafverschärfung, der erhöhte Strafrahmen (Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren) hat keinen Einfluss auf die Länge der Verjährungsfrist.
Etwas anderes gilt aber beim Diebstahl mit Waffen, dem Bandendiebstahl oder Wohnungseinbruchsdiebstahl je nach § 244 StGB. Hierbei handelt es sich jeweils um eigene Straftatbestände und eben nicht um bloße Strafverschärfungsregelungen. Aufgrund der Strafandrohung von bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe erhöht sich die Verfolgungs-Verjährungsfrist auf zehn Jahre.
Wann beginnt die Verjährungsfrist zu laufen?
Den Beginn der Verfolgungsverjährung finden Sie in § 78a StGB. Danach startet die Verjährung mit Beendigung der Tat, es sei denn der tatbestandliche Erfolg tritt erst später ein. In diesem Fall beginnt die Verjährung erst zum Zeitpunkt des Erfolgseintritts.
Ein Beispiel für das Auseinanderfallen von Tat und Erfolgseintritt wäre bei der fahrlässigen Tötung im Wege eines Verkehrsunfalls (die Tat) und das spätere Versterben eines Unfallbeteiligten im Krankenhaus (Taterfolg). Hier beginnt die Verfolgungsverjährung mit dem Todeseintritt.
Was bedeutet das Ruhen der Verjährung?
Gemäß § 78b StGB kann die Verjährung ruhen. Während des Ruhens beginnt die Verjährungsfrist alternativ nicht zu laufen oder diese läuft obwohl bereits begonnen nicht weiter. Beispiele für das Ruhen der Verjährung sind Sexualdelikte bei Minderjährigen, hier ruht die Verfolgungsverjährung bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des/der Geschädigten.
Bitte beachten Sie, dass für den Fall eines bereits ergangenen erstinstanzlichen Urteils die Verjährung bis zur Rechtskraft der Entscheidung – also im ungünstigsten Fall bis in alle Ewigkeit – ruht.
Durch welche Ereignisse kann die gesetzliche Verjährung unterbrochen werden?
In § 78c StGB ist die Unterbrechung der Verjährung geregelt. Die Verjährung kann durch verschiedene in der Vorschrift aufgezeigte Ereignisse unterbrochen werden. Staatsanwaltschaft und Gericht können sich hierzu der in § 78c Abs. 1 StGB aufgezählten Unterbrechungsmöglichkeiten bedienen. Höchst problematisch in diesem Zusammenhang ist, dass der Beschuldigte häufig gar keine Kenntnis über die Unterbrechung erlangt. Im Falle der richterlichen Anordnung der Vernehmung des Beschuldigten (§ 78c Abs. 1 Nr. 2 StGB) reicht beispielsweise ein entsprechender (handschriftlicher) Vermerk des Richters in der Akte für den Eintritt der Unterbrechung. Auf die Frage, ob und wann die richterliche Vernehmung jemals durchgeführt wird, kommt es nicht an.
Bitte beachten Sie außerdem: Im Anschluss an die Unterbrechung beginnt die Frist wieder von vorne zu laufen. Das Ende ist erst mit der absoluten Verjährung erreicht. Diese tritt ein, wenn seit Verjährungsbeginn das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist verstrichen ist (§ 78c Abs. 3 StGB).
Was ist zu tun, wenn Sie glauben, dass Ihre Straftat verjährt ist?
Wie vorstehend dargestellt ist die strafrechtliche Verjährung, insbesondere die Verfolgungsverjährung, ein hochkomplexes Thema. Hier sollten Sie sich professionelle Hilfe eines im Strafrecht bewanderten Rechtsanwalts – Fachanwalts für Strafrecht – holen. Anschaulich macht dies ein Ausflug in die Medizin: schließlich lassen Sie Ihren Kreuzbandriss auch nicht von Ihrem Urologen behandeln.
Gibt es noch besonders wichtige Tipps zum Schluss?
Tipp 1: Je früher Sie einen Anwalt hinzuziehen und je früher dieser die Möglichkeit hat, lenkend einzugreifen, desto besser sind in der Regel die Ergebnisse, die beim Ausgang Ihres Verfahrens erreicht werden können.
Tipp 2: Machen Sie unbedingt von Ihrem Schweigerecht Gebrauch! Es ist eines der wichtigsten Beschuldigtenrechte überhaupt. Sie müssen sich nicht selbst belasten. Sie sollen keine Aussage zur Sache machen. Folgen Sie daher auch nicht direkt der Ladung zur Beschuldigtenvernehmung, sondern kontaktieren Sie vorher einen Anwalt, der sich mit Strafrecht befasst.
So geht´s weiter:
- Sie kontaktieren mich unter 089/228433-55.
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