Dopingmittel sind nicht nur im Profisport ein Thema – auch im Freizeitbereich geraten immer mehr Personen ins Visier der Strafverfolgungsbehörden. Das Anti-Doping-Gesetz (AntiDopG) sieht empfindliche Strafen vor, insbesondere wenn eine „nicht geringe Menge“ überschritten wird. Doch was bedeutet dieser Begriff konkret? Ab welchen Mengen greift er? Und wie kann man sich im Ermittlungsverfahren verteidigen?
In diesem Beitrag erkläre ich die wichtigsten Punkte – klar verständlich, praxisnah und mit Blick auf Ihre Verteidigungschancen.
Was bedeutet „nicht geringe Menge“ im Zusammenhang mit Dopingmitteln?
Der Begriff „nicht geringe Menge“ ist ein juristischer Fachausdruck, der den Übergang von einer einfachen Straftat zu einer schwereren Straftat markiert. Bei Dopingmitteln dient er dazu, besonders große Mengen unter schärfere Strafen zu stellen. Entscheidend ist dabei nicht das Gewicht des Präparats, sondern der enthaltene Wirkstoff. Wer eine „nicht geringe Menge“ Dopingmittel besitzt, erwirbt oder damit handelt, muss mit deutlich höheren Strafen rechnen – selbst wenn die Substanzen für den Eigengebrauch gedacht sind. Der Gesetzgeber will damit den Missbrauch in großem Stil verhindern und den illegalen Handel eindämmen.
Wo ist die „nicht geringe Menge“ im AntiDopG gesetzlich geregelt?
Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 4 AntiDopG, der die verschiedenen Strafrahmen der Straftatbestände rund um Dopingmittelverstöße aufführt. Für die konkreten Grenzwerte verweist das Gesetz auf die Dopingmittel-Mengen-Verordnung (DmMV). In der Praxis bedeutet das: Es gibt keine pauschale Zahl, sondern für jede verbotene Substanz einen eigenen Grenzwert.
Welche Dopingmittel sind vom AntiDopG erfasst?
Das AntiDopG umfasst eine Vielzahl von leistungssteigernden Substanzen, u. a. anabol-androgene Steroide, Peptidhormone/Wachstumsfaktoren (z. B. EPO, hGH), Antiestrogene, Stoffwechsel-Modulatoren sowie andere anabole Stoffe (z. B. Clenbuterol, SARMs). Maßgeblich ist stets der reine Wirkstoffgehalt gemäß DmMV.
Ab welcher Wirkstoffmenge gilt ein Dopingmittel als „nicht geringe Menge“?
Die Grenzwerte sind je nach Substanz unterschiedlich und richten sich exakt nach der DmMV. Entscheidend ist stets die freie Verbindung (reiner Wirkstoff) – nicht das Bruttogewicht des Präparats. Bei Depotpräparaten und unterschiedlichen Darreichungsformen gelten besondere Umrechnungen; maßgeblich bleibt die in der DmMV festgelegte Wirkstoffmenge.
Erweiterte Übersicht: Relevante Dopingmittel und Grenzwerte (DmMV)
Auszug aus der DmMV (Stand: 16.03.2023). Alle Werte beziehen sich auf die freie Verbindung; soweit vorgesehen, ist zwischen Darreichungsformen zu unterscheiden.
| Wirkstoff / Gruppe | „Nicht geringe Menge“ (reiner Wirkstoff) | Bemerkung |
|---|---|---|
| Anabole Stoffe – Anabol-androgene Steroide (Auswahl) | ||
| Testosteron – transdermal/ oral | 1.500 mg | Darreichungsform-Schwelle lt. DmMV; freie Verbindung maßgeblich |
| Testosteron – i. m./parenteral/sonstige | 632 mg | Andere Darreichungen; Depotpräparate ggf. umzurechnen |
| Nandrolon | 150 mg | AAS; sehr niedrige Schwelle |
| Stanozolol | 100 mg | AAS; oral/parent. identischer Grenzwert |
| Metandienon (Dianabol) | 100 mg | AAS; Wirkstoffmenge, nicht Tablettengewicht |
| Metenolon – parenteral | 150 mg | AAS; Depot berücksichtigen |
| Metenolon – andere Darreichungen | 1.500 mg | AAS; oral/transdermal |
| Boldenon | 1.000 mg | AAS; häufig als Injektionslösung |
| Drostanolon | 1.015 mg | AAS; freie Verbindung maßgeblich |
| Trenbolon | 150 mg | AAS; niedrige Schwelle |
| Oxandrolon | 100 mg | AAS; orales Steroid |
| Clostebol – parenteral | 80 mg | AAS; parenteral gesonderte Schwelle |
| Clostebol – andere Darreichungen | 900 mg | AAS; z. B. topisch/oral |
| Dehydrochlormethyltestosteron | 100 mg | AAS |
| Anabole Stoffe – andere anabole Wirkstoffe | ||
| Clenbuterol | 2,1 mg | β2-Agonist; „andere anabole Stoffe“ |
| SARMs (selektive Androgen-Rezeptor-Modulatoren) | 90 mg | Gruppenwert für SARMs |
| Tibolon | 75 mg | Anabol wirksamer Steroid-Analog |
| Peptidhormone, Wachstumsfaktoren, verwandte Stoffe und Mimetika | ||
| Erythropoetin (EPO; humane/rekombinante Formen) | 24.000 IE | Erythropoese-Stimulans |
| Darbepoetin alfa (dEPO) | 120 µg | Langlebiges EPO-Analog |
| Methoxy-PEG-Epoetin beta (CERA) | 90 µg | „Third generation“ EPO |
| Somatropin (humanes Wachstumshormon, hGH) | 16 mg | Wachstumshormon; inkl. Fragmente äquivalent |
| HCG (Choriongonadotropin) | 7.500 IE | Gonadotropin |
| Hormone und Stoffwechsel-Modulatoren | ||
| Aromatasehemmer – Letrozol | 75 mg | Antiestrogen wirkender Wirkstoff |
| SERM – Tamoxifen | 3600 mg | Selektiver Estrogenrezeptor-Modulator |
| Insuline (Gruppe) | 400 IE | Stoffwechsel-Modulatoren |
Hinweis: Maßgeblich ist stets die in der DmMV definierte freie Verbindung. Depotpräparate sind ggf. auf den reinen Wirkstoff umzurechnen; Darreichungsformen können eigene Schwellen haben.
Wie wird die Wirkstoffmenge bei Dopingpräparaten bestimmt?
Zur Bestimmung der Wirkstoffmenge werden die Präparate in einem chemisch-toxikologischen Labor untersucht. Dabei wird festgestellt, wie hoch der Gehalt des verbotenen Wirkstoffs pro Einheit ist. Bei Tabletten wird der Wirkstoffgehalt pro Stück ermittelt, bei Flüssigkeiten pro Milliliter. Anschließend wird die Gesamtmenge hochgerechnet. In der Praxis spielt es keine Rolle, ob die Substanz rein vorliegt oder in einem Gemisch enthalten ist – ausschlaggebend ist die absolute Wirkstoffmenge.
Welche Strafen drohen bei Überschreiten der „nicht geringen Menge“?
Wer nachweislich eine „nicht geringe Menge“ an Dopingmitteln besitzt, erwirbt oder handelt, muss mit nach § 4 Abs. 1 AntiDopG Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe rechnen. In § 4 Abs. 4 AntiDopG ist der besonders schwere Fall geregelt, der Strafrahmen liegt hier bei einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe. Voraussetzung ist hierfür alternativ
- die Gesundheitsgefährdung einer größeren Anzahl von Personen
- das Aussetzen der Gefahr des Todes oder einer schweren Schädigung an Körper oder Gesundheit eines anderen
- die Erlangung eines Vermögensvorteils großen Ausmaßes aus grobem Eigennutz für sich oder einen anderen
- die Veräußerung, Abgabe, Verschreibung oder Verabreichung an eine unter 18jährige Person oder
- das gewerbsmäßige oder bandenmäßige Handeltreiben mit Dopingmitteln
Neben der Hauptstrafe können Nebenfolgen wie Einziehung der Substanzen, die Vermögensabschöpfung (Achtung: es gilt das Bruttoprinzip), Geldstrafen oder berufsrechtliche Konsequenzen hinzukommen.
Spielt es eine Rolle, ob die Dopingmittel für den Eigengebrauch bestimmt sind?
Im Gegensatz zum Betäubungsmittelrecht kennt das AntiDopG keine generelle Straflosigkeit bei Eigengebrauch. Das bedeutet: Auch wer die Substanzen ausschließlich für sich selbst besitzt, macht sich strafbar. Lediglich in bestimmten Ausnahmefällen, etwa bei medizinisch begründeter Einnahme und entsprechender ärztlicher Verordnung, liegt keine Straftat vor. Gleichwohl kann der fehlende Handelsbezug beim Strafmaß berücksichtigt werden.
Gibt es Ausnahmen oder Bagatellgrenzen?
Das AntiDopG sieht nur sehr eingeschränkt Bagatellgrenzen vor. Für die „nicht geringe Menge“ gelten klare Grenzwerte nach der DmMV, die bei Überschreiten zwingend den erhöhten Strafrahmen auslösen. Eine Ausnahme kann bestehen, wenn der Besitz nachweislich ausschließlich zu therapeutischen Zwecken mit ärztlicher Genehmigung erfolgt.
Wie unterscheiden sich die Vorschriften im AntiDopG von denen im Betäubungsmittelrecht?
Das BtMG und das AntiDopG haben Parallelen, etwa bei der Definition der „nicht geringen Menge“. Allerdings ist das AntiDopG speziell auf Dopingmittel zugeschnitten und enthält Regelungen, die unabhängig vom Eigenverbrauch gelten. Die konkreten Grenzwerte sind in der DmMV für das Dopingmittelstrafrecht stoffgenau festgelegt. Anders ist die Lage im Betäubungsmittelstrafrecht, hier legt die Rechtssprechung die nicht geringe Menge fest.
Welche Verteidigungsstrategien gibt es bei dem Vorwurf einer „nicht geringen Menge“?
Die Verteidigung setzt häufig an der Wirkstoffanalyse und der Grenzwertbestimmung an. Wurde die Wirkstoffmenge korrekt ermittelt? Liegt möglicherweise unter dem Grenzwert nur eine „geringe Menge“ vor? Sind Darreichungsform und ggf. Depot-Umrechnung richtig berücksichtigt? Auch medizinische Ausnahmegründe, Beweisketten-Lücken oder Verfahrensfehler (z. B. bei Durchsuchungen) können entscheidend sein. Ziel ist eine Einstellung oder zumindest Strafmilderung.
Warum ist frühzeitige anwaltliche Hilfe entscheidend?
Gerade bei Vorwürfen im Zusammenhang mit einer „nicht geringen Menge“ ist schnelles Handeln wichtig. Bereits im Ermittlungsverfahren werden entscheidende Weichen gestellt – etwa durch Ihre erste Aussage oder die Besicherung entlastender Beweise. Ein Fachanwalt für Strafrecht kann Akteneinsicht beantragen, die Beweislage prüfen und gezielt Einfluss auf den weiteren Ablauf nehmen. Je früher Sie sich beraten lassen, desto größer sind die Chancen, ein belastendes Ergebnis zu vermeiden oder die Strafe zu reduzieren.
Strafverteidiger-Tipp 1: Je früher Sie einen Anwalt hinzuziehen und je früher dieser die Möglichkeit hat, lenkend einzugreifen, desto besser sind in der Regel die Ergebnisse, die in Ihrem Ermittlungsverfahren bzw. in Ihrem Strafverfahren erreicht werden können.
Strafverteidiger-Tipp 2: Machen Sie unbedingt von Ihrem Schweigerecht Gebrauch! Es ist eines Ihrer wichtigsten Beschuldigtenrechte. Sie müssen sich nicht selbst belasten. Sie sollen keine Aussage zur Sache machen. Folgen Sie daher auch nicht der Ladung zur Beschuldigtenvernehmung, sondern kontaktieren Sie vorher einen auf das Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalt.
Sprechen Sie bitte nicht mit der Polizei, reden Sie mit mir!
So geht´s weiter:
- Sie kontaktieren mich unter 089/228433-55.
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- Sobald die Akte vorliegt, planen wir gemeinsam unsere Strategie.